Persönliche Assistenten bei schwerer Behinderung: Untergräbt der Senat mit niedrigen Lohnfinanzierungen den Tarifvertrag?
Bisher finanziert der Senat Tariflöhne für Assistenten mit Direktanstellung bei behinderten Menschen. Doch ab 2024 könnten die Zahlungen abnehmen – mit Folgen für das Beschäftigungsmodell. Von Daniel Böldt.

So, dann widmen wir uns noch dieser Frage hier: Wie ernst nimmt der Senat eigentlich das Thema Tariftreue? Offenbar nicht allzu ernst, wie folgendes Beispiel zeigt. Es geht um die persönlichen Assistenten von schwerbehinderten Menschen. Für deren Anstellung gibt es zwei unterschiedliche Modelle: das Dienstleistermodell und das Arbeitgebermodell. Bei Ersterem vermitteln Pflegedienste die Assistenten, bei Letzterem sind diese direkt bei den Menschen angestellt, die sie unterstützen.
Für Birgit Stenger von der „Arbeitsgemeinschaft für selbstbestimmtes Leben schwerstbehinderter Menschen“ (ASL) bedeutet das Arbeitgebermodell „maximale Selbstbestimmung“, da sie sich so ihre Assistenten, selbst auswählen kann.
Das Problem: Lange Zeit wurden die Assistenten im Arbeitgebermodell schlechter bezahlt – bis unter anderem die ASL auch für das Arbeitgebermodell einen Tarifvertrag erkämpfte. Der Berliner Senat sicherte 2023 zu, dass die höheren Löhne vom Land Berlin auch refinanziert werden – eine Zusage, ohne die der Tarifvertrag wirkungslos gewesen wäre.
Nun fehlt laut Stenger jedoch die Zusage, dass der Senat auch 2024 hinter dem Tarifvertrag steht. Im Gegenteil: Das Landesamt für Gesundheit und Soziales habe bereits deutlich gemacht, dass man 2024 nur einen geringeren Lohn für die Assistenten finanzieren werde. „Das würde das Ende des Arbeitgeber:innen-Modells bedeuten“, ist sich Stenger sicher.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD heißt es übrigens: „Die Refinanzierung des Tarifvertrages für Assistentinnen und Assistenten im Arbeitgebermodell wird weiterhin sichergestellt.“ Auf eine Anfrage, ob die Aussage weiterhin gilt, reagierte die Sozialverwaltung am Donnerstag nicht.