Sonnenallee ohne Sonnenlicht: Warum Mieter in Berlin-Neukölln im Dunkeln sitzen
Ein gesamtes Neuköllner Wohnhaus muss derzeit ohne natürliches Licht auskommen. Schuld daran ist eine Werbeaktion – vom Vermieter still und heimlich eingewickelt. Von Lotte Buschenhagen
Zynischer könnte eine Nachricht kaum sein: Ausgerechnet in der Sonnenallee 7 scheint seit dem 1. November die Sonne nicht mehr. Ein haushohes Werbeplakat nimmt den Wohnungen Licht und Luft. Auf einer umspannenden, undurchlässigen Plane wirbt das Tech-Unternehmen „Back Market“ für ein Handy – das belegen Fotos, die dem Checkpoint vorliegen. Tagsüber ist es seitdem stockfinster im Haus, nachts simulieren 20 Scheinwerfer die Mittagssonne. „I have a 4 year old child who is asking me every morning where the light has gone“, sagt Mieterin Sadie Weis dem Tagesspiegel.
Vor einigen Wochen hing im Flur ein verdächtiger Aushang, der die Bewohner:innen über „Instandsetzungsmaßnahmen an der Frontseite“ informiert hat – obwohl die Fassade erst vor vier Jahren renoviert wurde. Die Verdunklung kam trotzdem ohne Vorwarnung: Von einem Banner war in dem Schreiben keine Rede. Nur davon, dass keine Mietminderung notwendig würde. Dass das Plakat bis zu sechs Wochen hängen bleiben soll, erfuhr ein Bewohner nur zufällig von einem Bauarbeiter. Von den angekündigten Renovierungsarbeiten fehlt jede Spur.
Die Mieter:innen haben schon vor Tagen Kontakt zu Vermieter, Technikfirma und Bezirksamt aufgenommen. Letzteres bestätigt auf Twitter: Die Fläche ist nicht genehmigt, man kümmere sich. „Back Market“ habe den Mieter:innen mittlerweile eine unbürokratische Entschädigung angeboten, schreibt Sadie Weis auf Instagram – vom Vermieter können sie keine erwarten: Der ist seit Tagen untergetaucht.