Kulturzentrum „Oyoun“ in Berlin: Regierender Bürgermeister fördert fragwürdiges Projekt

Mit der Lottostiftung hat Kai Wegner im Sommer etliche Millionen Euro an gemeinnützige Gruppen verteilt. Eine geförderte Initiative zeigt sich nun mehr als unsensibel im Umgang mit dem Krieg in Israel. Von Lorenz Maroldt

Kulturzentrum „Oyoun“ in Berlin: Regierender Bürgermeister fördert fragwürdiges Projekt
Gebäudeeingang in Berlin-Neukölln. Foto: Anna Wyszomierska/Oyoun

Der Regierende Bürgermeister spielt am Dienstag mal wieder die Glücksfee: Als Vorsitzender des Stiftungsrats der Lottostiftung verteilt er gemeinsam mit Franziska Giffey, Raed Saleh, Dirk Stettner, Felor Badenberg und Silke Gebel etliche Millionen Euro an gemeinnützige Projekte, Vereine und Institutionen – ganz nach Gusto und ohne lästige Fragen im Parlament. Wünschen wir ihm dabei eine glücklichere Hand als bei der vorherigen Sitzung.

Denn auf der Liste vom Juli findet sich u.a. ein „Zuschuss zur Mitfinanzierung einer Konzert- und Performance-Nacht im intersektionalen, dekolonialen und Queeren Kulturzentrum Oyoun“ (10.000 Euro). Und was dort in Neukölln gerade so abgeht, schauen wir uns jetzt mal genauer an:

Für den 4. November ist hier eine „Trauer- und Hoffnungsfeier“ des Vereins „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten“ angekündigt. Am 10. Oktober, also gerade mal drei Tage nach dem Angriff auf Israel, bei dem Terroristen der Hamas Feiernde und Familien überfielen, Babys enthaupteten, Schwangeren den Bauch aufschlitzen, Kinder in Anwesenheit ihrer gefesselten Eltern folterten, jungen Frauen die Knochen brachen und sie entführten, Fliehende massakrierten und selbst Tote noch bis zur Unkenntlichkeit malträtierten, veröffentlichte der Verein eine Erklärung, die auf der Website von Oyoun („Unsere Arbeit“) verlinkt ist. Darin heißt es:

Wir sind auch wütend, wütend auf die Unterstützer des 75-jährigen israelischen Kolonialregimes und die Blockade des Gazastreifens, die zu diesen Ereignissen geführt hat. (…) Was nun geschehen ist, glich einem Gefängnisausbruch, nachdem die Insassen zur lebenslangen Haft verurteilt wurden, nur weil sie Palästinenser:innen sind.“

„Ereignisse“, wie sie bei einem „Gefängnisausbruch“ eben vorkommen – menschenverachtender lässt sich über zivile Opfer eines bestialischen Terrorangriffs kaum sprechen.

Und bereits am 1. November auf dem Programm im Oyoun: Ein Podium über „Staatliche Repression und Polizeigewalt“, organisiert von der Revolutionären Linken. In der Ankündigung heißt es:

Die staatliche Reaktion auf die Solidarität mit den Palästinenserinnen und Palästinensern hat es gezeigt: Die Maske der parlamentarischen Republik fiel und zur Schau kam die hässliche Fratze des repressiven Polizeistaats.“ Diskutiert werden soll darüber, „wie Opposition und Widerstand auch unter diesen extremen Bedingungen gelebt werden können“.

Dass solche Veranstaltungen in einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft stattfinden können und dürfen: eine Selbstverständlichkeit. Dass ein Kulturzentrum mit dem Anspruch, „künstlerisch-kulturelle Projekte“ aus einem anderen Blickwinkel zu präsentieren, so wenig sensibel ist: problematisch. Dass der Regierende Bürgermeister und sein Senat in einem solchen Umfeld Projekte fördern: sehr fragwürdig.

Denn neben der Förderung durch die Lottostiftung für die „Konzert- und Performance-Nacht“ einer GbR im Oyoun erhielt das Kulturzentrum im vergangenen Jahr auch einen Zuschuss der Kulturverwaltung: Für das Projekt „Liberating Cultural Production Design“ gab es 71.343 Euro aus öffentlichen Mitteln.