Aufklärung des sexuellen Missbrauchs stockt auch im Erzbistum Berlin

Eine interne Kommission soll die Offenlegung der Studie prüfen. Gleich zum Start zieht sich Domvikar Goy zurück – sein Name fällt im Bericht. Von Robert Ide und Teresa Roelcke.

Aufklärung des sexuellen Missbrauchs stockt auch im Erzbistum Berlin
Foto: promo

Lediglich für „skandalisierungsfähig“ halten Vertreter der katholischen Kirche nach wie vor den abgrundtiefen Skandal sexueller Belästigung von Minderjährigen durch Geistliche und die bodenlos verschleppte Aufklärung etwa im Erzbistum Köln. Und so stimmen die Menschen, die sich von Kirche Verantwortung und nicht nur himmlische Versprechungen wünschen, mit den Füßen ab. Schon 2019 kehrten 10.068 Gläubige dem Erzbistum Berlin (das sich auch über größere Teile Brandenburgs und Vorpommerns erstreckt) den Rücken zu, davon 8.712 in Berlin. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. Doch die Lage könnte noch schlechter werden, denn auch die Aufarbeitung in Berlin stockt.

400 von 600 Seiten des Gutachtens zu sexuellem Missbrauch seit 1946 im hiesigen Erzbistum sind bisher von der Veröffentlichung ausgenommen. Erzbischof Heiner Koch begründet dies mit Persönlichkeitsschutz sowie „der Gefahr der Retraumatisierung der Betroffenen und um eine voyeuristische Darstellung zu vermeiden“. Auf Checkpoint-Nachfrage am Mittwoch sicherte das Erzbistum immerhin zu, dass „über die im veröffentlichten Teil hinaus bereits benannten Verantwortlichen“ auch „die Namen aller Verantwortlichen genannt werden, die ihre Dienstpflicht verletzt haben“. Die betreffenden Abschnitte des Gutachtens würden ebenfalls „als Begründung für die Entscheidung des Erzbischofs veröffentlicht“. Was wie und wann öffentlich wird, soll allerdings erst eine kircheninterne „Gutachten-Kommission“ klären. Und die hat sich nach Checkpoint-Informationen nicht mal konstituiert.

Bereits beim ersten von zwei Treffen trat Domvikar Matthias Goy, Priester und im Erzbistum zuständig für Aus- und Fortbildung, von der Arbeit der Kommission gleich wieder zurück. Denn auch sein Name wird im nicht-veröffentlichten Teil des Gutachtens genannt, wenn auch „nur am Rand“, wie das Erzbistum wissen lässt. Durch seinen Rücktritt wolle er dazu beitragen, dass „der Kommission durch seine Mitarbeit keine von Außenstehenden und der Öffentlichkeit befürchtete Beeinflussung vorgeworfen werden kann“, wird er zitiert. Der Priesterrat, der Goy in die Kommission entsandt hatte, will nun am Donnerstag nächster Woche einen Nachfolger benennen. Offenbar glaubt die katholische Kirche tatsächlich daran, bei der Aufarbeitung ihres Skandals noch Zeit zu haben.