Heftige Kritik von Kollatz: Berlins SPD kann nicht ohne Saleh

Am Dienstag wurde Raed Saleh zum SPD-Fraktionschef wiedergewählt, trotz heftiger interner Kritik. Der ehemalige Finanzsenator Matthias Kollatz trat sogar noch spontan gegen ihn an. Von Robert Ide

Heftige Kritik von Kollatz: Berlins SPD kann nicht ohne Saleh
Foto: Fabian Sommer/dpa

Gestern machte ein Witz in der Berliner SPD die Runde: Wenn es bald eine Doppelspitze in der Fraktion geben sollte, stellt sich Raed einfach doppelt auf. Die einfache Mehrheit hat sich zumindest gestern für zwei weitere Jahre mit dem Dauer-Fraktionschef Raed Saleh entschieden. Auch wenn er zuvor beim Mitgliedervotum als Parteichef deutlich abgestraft worden war. Auch wenn es heftige Kritik der neuen designierten Parteichefs an seinem Manöver gab, die Fraktionswahlen eilig vorzuziehen und erst viel später eine Doppelspitze zulassen zu wollen. Auch wenn der ehemalige Finanzsenator Matthias Kollatz noch kurzfristig gegen ihn antrat und immerhin acht Proteststimmen einsammelte.

Warum hat Kollatz das getan? „Weil es in einer solchen Situation wichtig ist, dass keine Einigkeit nach außen präsentiert wird, wenn sie nicht da ist“, sagte Kollatz am späten Dienstagabend dem Checkpoint. Mit Blick auf Saleh sprach er von einem „Verfahrenstrick, erst die Möglichkeit einer Doppelspitze zu beschließen und sie dann nicht zu nutzen“. Inhaltliche Kritik hat Kollatz vor allem an der von Saleh vorangetriebenen und der schwarz-roten Koalition vertretenen Haushaltspolitik. „Mit einem völlig überdimensionierten Doppelhaushalt und einem verfassungswidrig angelegten Sondervermögen über den Haushalt hinaus wurden unhaltbare Versprechungen gemacht“, beklagt der ehemalige Finanzsenator. Berlin lebe über seine Verhältnisse. Und: „Raed Saleh wird die Realitätsverweigerung in finanzieller Hinsicht nicht fortsetzen können.“

Der seit 2011 amtierende Saleh verbuchte trotz der vielfältigen Kritik bei der Abstimmung klare 25 Stimmen für sich und erklärte danach fast schon generös: „Ich bin sehr stolz auf meine Fraktion.“ Am Ende bleibt der dauerpräsente Strippenzieher und Koalitionsstratege aus Spandau der König der Berliner Sozialdemokratie. Wenn er seinen Machtwillen allerdings zu weit treibt, wird er irgendwann ein Gekrönter ohne Land sein.