„Lieber ein erfahrener Ü70 als ein abgebrochener Student“
Ist man irgendwann zu alt für Spitzenämter? Wir haben zwei gefragt, die es wissen müssten – Berlins frühere Bürgermeister Momper (78, SPD) und Diepgen (81, CDU). Von Stefan Jacobs

Zum Spitzenpersonal von heute und morgen: Der nächste Regierende heißt Kai Wegner, der nächste US-Präsident (*Klopfgeräusch auf Holz zu hören*) Joe Biden. Wegner ist 50, Biden wäre beim Amtsantritt 82. Ist man irgendwann zu alt für Spitzenämter? Wir haben zwei gefragt, die es wissen müssten – die ehemaligen Regierenden Bürgermeister Walter Momper (78, SPD) und Eberhard Diepgen (81, CDU).
Momper sagt am CP-Telefon: „Ich habe in der Zeit als Regierender wenig geschlafen und hatte sehr viel zu tun.“ Die Senatskanzlei, die Reden schreibe und die Geschäfte organisiere, „hilft schon sehr, wenn man das zu nutzen weiß“, aber die Belastung sei hoch gewesen, zumal in der Zeit der Wiedervereinigung. Hypothetische Frage: Könnte er sich vorstellen, in seinem Alter noch mal anzutreten? „Ich habe es erlebt, es war ein bisschen kurz, aber ich würde es jetzt nicht noch mal machen“, sagt Momper. Nicht wegen konkreter Einschränkungen, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen: Alle Regierenden seien bei Amtsantritt deutlich jünger gewesen, und das solle auch so bleiben.
Eberhard Diepgen sagt zur Altersfrage: „Die kurze Antwort ist: Es kommt drauf an, wie gesund, wie fit und wie erfahren man ist.“ Die etwas längere lautet, dass „ein erfahrener Über-70-Jähriger oft besser ist als eine abgebrochene Studentin oder ein abgebrochener Student.“ Ob er das eher auf US-Präsidenten oder Regierende Bürgermeister beziehe? „Das ist eine allgemeine Bemerkung.“ Wobei man beachten müsse, dass bei einem staatlichen Spitzenamt wie der amerikanischen Präsidentschaft „die psychische Belastung durch die Fülle der Themen noch größer ist. Bei Kommunal- und Landespolitikern ist nur ab und zu der Mut notwendig, Termine abzusagen.“
Er selbst hätte den Job als Berliner Regierungschef nicht durchgehalten, ohne morgens eine Runde zu joggen und an den Wochenenden auch mal eine Ruhepause für die Familie einzulegen. „Man muss eine klare Terminplanung haben“, sagt Diepgen. „Das schafft nicht jeder so wie Richard von Weizsäcker, der sich einfach mal zwei Tage ausgekoppelt hat.“ Die Frage, ob er sich selbst das Amt jetzt noch zutrauen würde, mag er nicht beantworten. Muss er auch nicht.