Patrick Larscheid erklärt neue Strategie der Kontaktnachverfolgung
Die Bezirke geben das Tracing auf. Infizierte sollen ihre Kontakte selbst informieren. Reinickendorfs Amtsarzt erklärt die neue Strategie. Von Julius Betschka
Halb Deutschland scheint aufgeschreckt von der Berliner Strategieanpassung. Was haben die Amtsärzte und Gesundheitssenatorin Kalayci konkret verkündet? Das geht so: Eine behördliche Quarantäne muss künftig nicht mehr direkt vom Gesundheitsamt angeordnet werden, sondern gilt ab dem positiven Test (oder Kontakt erster Ordnung). Die Information der Kontaktpersonen wird durch die Gesundheitsämter veranlasst, aber nicht mehr unbedingt selbst durchgeführt. Das soll per "Allgemeinverfügung" erlassen werden – in allen Bezirken.
Patrick Larscheid, Amtsarzt von Reinickendorf, hat dem Checkpoint fünf wichtige Fragen beantwortet:
1) Was bedeutet risikobasierte Strategie? Werden alle Covid-19-Fälle weiter betreut?
Erstfälle werden wir weiter betreuen und diese Personen informieren uns – wie bisher – über ihre Kontaktpersonen. Die Kontaktpersonen wollen wir aber tatsächlich nicht mehr in allen Fällen persönlich kontaktieren – die Erstfälle selbst oder zum Beispiel Schulleiter übernehmen die Kommunikation.
2) Kann es nicht gefährlich sein, sich auf die Eigenverantwortung der Menschen zu verlassen?
Wir glauben nicht, dass es einen großen Qualitätsverlust gibt: Was die Leute uns bisher verschwiegen haben, werden wir auch künftig nicht mitkriegen.
3) Kontaktieren die Gesundheitsämter überhaupt keine Kontaktpersonen mehr?
In besonderen Fällen wie bei Infektionen in Arztpraxen oder Heimen werden wir weiter Kontaktpersonenmanagement betreiben. Wir wollen unsere Ressourcen jetzt aber auf die Risikogruppen bündeln.
4) Wie beweise ich meinem Arbeitgeber, dass ich als Kontaktperson in Quarantäne bin?
Bei den Gesundheitsämtern wird es weiterhin die Listen mit den Kontaktpersonen geben. Die Menschen werden auch einen Quarantäne-Bescheid kommen – das kann aber dauern.
5) Sind die Gesundheitsämter das einzige Nadelöhr in der jetzigen Phase?
Auch die Berliner Labore kommen nicht mehr hinterher. Die Zahl der Einsendungen schrammt an der Oberkante ihrer Kapazität. Wenn die Labore 85 Prozent der Kapazität erreicht haben, sind sie eigentlich bereits ausgelastet. Erstens gibt es dort auch Personalausfälle, zweitens werden bei voller Auslastung die Reserven der Reagenzien aufgebraucht.
Was Sie ansonsten ohne Probleme dürfen oder gerade besser lassen sollten, haben wir hier für Sie zusammengefasst.