Immer mehr Hass und Gewalt auf Berlins Pro-Palästina-Demos: Interview mit Demokratie-Aktivistin Karoline Preisler

Sie wird bespuckt, beleidigt, verletzt und mit Flaschen beworfen. Die 53-jährige Juristin Karoline Preusler nimmt regelmäßig an Pro-Palästina-Demos teil und protestiert gegen die Hamas. Von Robert Ide

Immer mehr Hass und Gewalt auf Berlins Pro-Palästina-Demos: Interview mit Demokratie-Aktivistin Karoline Preisler
Foto: dpa/Stefan Jaitner

Sie machen regelmäßig auf Berlins Straßen mobil, aber immer mehr mit Hass und Gewalt von sich reden: die so genannten „Pro-Palästina-Demos“. Am Sonnabend kam es in Kreuzberg zu heftigen Szenen. Die Polizei notierte volksverhetzende Parolen sowie das Werfen von Steinen, Eiern und gefüllten Plastikflaschen in Richtung einer Gegendemonstration. 24 Personen seien vorübergehend festgenommen worden. Die Demo-Veranstalter beklagten ein teilweise zu hartes Vorgehen der Einsatzkräfte, etwa bei der Festnahme einer Frau, woraufhin die Polizei interne Ermittlungen einleitete. Der Umzug musste vorzeitig beendet werden. Zehn Polizistinnen und Polizisten seien verletzt worden; 31 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet.

Eine, die seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober die pro-palästinensischen und oft israel-feindlich ausartenden Demos begleitet, ist die Demokratie-Aktivistin Karoline Preisler. Die 53-jährige Juristin und FDP-Politikerin protestiert regelmäßig gegen den Terrorüberfall der Hamas mit eigenen Plakaten, auf denen es etwa heißt: „Rape is not resistance“ („Vergewaltigung ist kein Widerstand“). Dafür wird sie von den Demonstrierenden regelmäßig angefeindet und auch angegriffen. Im Checkpoint-Gespräch berichtet Preisler von ihren Erlebnissen und der sich verschärfenden Stimmung auf Berlins Straßen.

Frau Preisler, wie erleben Sie derzeit die pro-palästinensischen Demos?

Die zunehmende Gewalt lässt mich den nahenden Kipppunkt spüren. Ich befürchte, dass wir sehr bald den Einsatz gefährlicherer Gegenstände oder Waffen durch die hasserfüllten Menschen bei den Demos verzeichnen werden.

Was genau ist Ihnen bei Ihren Gegendemos schon passiert?

Seit dem Hamas-Überfall am 7. Oktober wurde ich angespuckt, geschubst, beraubt, beworfen und an der Schulter verletzt. Ich wurde als Feindin markiert und mit dem Tode bedroht. Auch meine Kinder wurden bedroht. Mir wurde aufgelauert, ich wurde zu Fuß und motorisiert verfolgt. Auch sexistische Kränkungen reißen nicht ab. Im Netz haben die Hackerangriffe und digitalen Übergriffe auf mich zugenommen. Auf der Straße traf mich eine Flasche am Kopf.

Haben Sie nach den tätlichen Angriffen schon einmal daran gedacht, Ihre Gegendemonstrationen aufzugeben?

Einmal wurde ich verletzt und musste die Demonstration verlassen. Seit diesem Erlebnis steht bei uns zu Hause eine vorsorglich gepackte Krankenhaustasche. Doch die Teilnahme an den Demos aufzugeben, käme mir falsch vor. Es sind noch immer mehr als 100 Menschen von der Hamas entführt, darunter junge Frauen, Kinder sowie deutsche Staatsangehörige. Wir wissen, dass beim Überfall der Hamas auf Israel Frauen, Männer und Kinder vergewaltigt und qualvoll ermordet wurden. Die freigekommenen Geiseln berichten ebenfalls von drastischen Gewalterfahrungen. Würde ich die israelfeindlichen und antisemitischen Aufzüge ohne Gegenrede durch Berlins Straßen ziehen lassen, wäre das der nächste rote Teppich für Islamismus, Juden- und Frauenhass. Unsere Gesellschaft hat zu lange gerungen, um jetzt alle politische Klarheit den Feinden der Aufklärung zu überlassen. Ich bleibe!

Kommen Sie bei Ihren Aktionen mit Demonstrierenden ins Gespräch?

Die linken Frauen, oft Deutsche in meinem Alter, suchen das Gespräch. Auch mit jungen muslimischen Männern spreche ich oft. Die Ordner auf den Versammlungen und die jungen Islamisten versuchen allerdings, jede Kommunikation zu unterbinden. Manchmal scheitere ich auch an Sprachbarrieren. Es ist nicht einfach, aber das sind gesellschaftliche Prozesse nie.

Sind Sie angesichts der eskalierenden Gewalt für eine Einschränkung dieser Demonstrationen?

Ein Verbot halte ich für falsch und juristisch schwierig. Der Grundrechtseingriff wäre zu schmerzhaft. Auflagen und deren Durchsetzung finde ich dagegen sehr wichtig. Es kommt auf den Demonstrationen immer wieder zu Verstößen gegen Auflagen und zu alarmierenden strafbaren Handlungen. Hier halte ich Konsequenzen für geboten. Unsere innere Sicherheit ist in akuter Gefahr. Ohne Antwort dürfen die Schlachtrufe der Islamisten auf unseren Straßen jedenfalls nicht bleiben.