Wie die Grünen Anne Spiegel zum Rücktritt drängten
Vor dem Abgang der Familienministerin war es bei den Grünen verdächtig ruhig. Und auch der Bundeskanzler zeigte sich bei der Causa Spiegel politisch abgebrüht. Von Juliua Betschka
Erst Schweigen, dann Bedauern: Vor dem Rücktritt von Bundesfamilienministerin Anne Spiegel war es gespenstisch ruhig gewesen bei den Grünen. Kaum jemand hatte sie nach ihrem sehr persönlichen, irritierenden Video-Statement (in voller Länge hier) öffentlich gestützt. Spiegel soll schon am Sonntag das Vertrauen der Parteiführung entzogen worden sein. Als sie dann am Montag um 14.40 Uhr zurücktrat, las sich das so: „Ich habe mich heute aufgrund des politischen Drucks entschieden, das Amt der Bundesfamilienministerin zur Verfügung zu stellen.“ Kurz zuvor ließ Bundeskanzler Scholz (SPD) noch ausrichten, er arbeite „vertrauensvoll“ mit Spiegel zusammen und sei von ihrem Statement „bewegt“. Was ihm von einigen als fehlendes Gespür ausgelegt wird, war wohl eher politische Abgebrühtheit: Die Grünen mussten Spiegels Abgang allein regeln. Der Bundeskanzler würde in die nur Verlierer produzierende Verquickung von öffentlicher und privater Person nicht eingreifen. Die Grünen-Spitze hatte ihre Entscheidung zu diesem Zeitpunkt schon gefällt: Spiegel muss gehen.