Die Enteignungskommission ist kein fauler Kompromiss, sondern eine einmalige Chance

Aktivisten und Opposition zeigen sich mit der Antwort der Politik auf die Enteignungsfrage unzufrieden. Ihre Einwände sind aber unberechtigt. Ein Kommentar. Von Julius Betschka

Die Enteignungskommission ist kein fauler Kompromiss, sondern eine einmalige Chance
Unterstützer der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" schwenken bei der Übergabe der gesammelten Unterschriften für einen Volksentscheid zur Enteignung von großen Immobilienunternehmen vor der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Fahnen. (Archivbild) Foto: Christophe Gateau/dpa

Wer nicht mehr weiter weiß, das ist bekannt, der gründet einen Arbeitskreis. Ist alles sehr verfahren schon? Ja, eine Kommission! Etwa so lesen sich die Reaktionen auf die Gründung einer Enteignungskommission in Berlin. Von einem faulen Kompromiss redet die konservative Opposition, die Volksinitiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ erkennt eine „durchschaubare Verzögerungstaktik“. Was kaum gesehen wird: Wahrscheinlich das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland befasst sich ein politisch beauftragtes Expertengremium mit der Frage, wie großflächige Vergesellschaftung rechtssicher möglich ist. Und mit der städtischen Zukunftsfrage überhaupt: Wer darf wie viel Geld mit Wohnraum verdienen?

Dass Enteignungen ein legitimes politisches Mittel sein können, steht sogar im Grundgesetz. Reingeschrieben haben das einst Sozialdemokraten. Die eigentlich relevante Frage ist also nicht diejenige, die die Berliner:innen beim Volksentscheid beantworteten: Ja oder Nein? Sondern: Wie soll das gehen? Dass politischer Wille – auch des Volkes – allein oft nicht reicht, zeigt das Drama um den Mietendeckel. Politische Ziele trafen dort mit Vollkaracho auf die verfassungsgerichtliche Realität. Berlin steht jetzt ein zwölfmonatiger Vergesellschaftungsdiskurs bevor. Ob es gelingt, Gräben zuzuschütten, wird eine Frage der Gesprächsbereitschaft beider Lager: Derzeit stellt die Volksinitiative noch Bedingungen, damit sie sich an der Kommission beteiligt. Juristen des Volksentscheides sollten aber genauso vertreten sein wie konservativere Köpfe. Denn letztlich entscheidet das Wie über das Ob.

Soweit von mir. Uns interessiert jetzt: Was denken Sie?