CDU und SPD bilden eine Koalition aus Harmonie und Heavy Metal
Wie eine kleine Koalition der großen Gemeinsamkeiten wirkt das vorgeschlagene Bündnis von CDU und SPD. Die größte Überraschung: Das moderierende Auftreten Wegners. Ein Kommentar. Von Robert Ide.
Die kleine Koalition der größten Gemeinsamkeiten hat sich am Montag vorgestellt. Hier die wichtigsten Stimmen und Stimmungen des an der SPD-Parteibasis umstrittenen Projekts des designierten Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) im Schwarz-Roten Rathaus.
Der künftige Regierende Kai Wegner gesteht zu, dass jetzt „ganz viele kleine Hebel umgedreht werden müssen“, um die über sich hinaus wachsende Stadt fit für die Gegenwart zu machen. Dazu gehöre die Digitalisierung der Verwaltung, eine schrittweise Lohnangleichung im öffentlichen Dienst auf Bundesniveau, die wieder einmal zu verabredende Verabredung „klarer Zuständigkeiten zwischen Land und Bezirken“ und eine „Mobilitätswende nicht mit Verboten, sondern mit Angeboten“, konkret: kürzere Taktzeiten im Nahverkehr und eine unterschiedliche Radwegeplanung in Innenstadt und Außenbezirken. Wegner betont nach dem rechten Ausfallschritt seiner Partei in der Debatte um die Silvesterkrawalle das Credo einer wieder eher links orientierten CDU: „Berlin ist eine internationale, weltoffene und bunte Metropole – so soll es bleiben. Jeder soll hier nach seiner Façon glücklich werden, egal, woher er kommt, woran er glaubt, wen er liebt.“
Die bisherige Regierende Franziska Giffey (SPD), die Ende April wohl Stadtentwicklungssenatorin wird, benennt für eine soziale Stadt eine bislang ungelöste Frage als zentral: „die Frage des bezahlbaren Wohnens“. Die Bald-vier-Millionen-Metropole brauche weniger Vorschriften beim Wohnungsbau, ein Ankaufsprogramm von kommunalem Wohnraum sowie weitere Schulsanierungen. Ihr SPD-Co-Vorsitzender Raed Saleh betont die gebührenfreie Bildung bis hin zur Meisterausbildung sowie Wohnstätten auch für Ältere bei einer Randbebauung des Tempelhofer Feldes – von einer Volksbefragung erhofft er sich hier „mehr Vertrauen in die Politik insgesamt“.
Mit der größten Überraschung wartete der moderat und moderierend auftretende Wegner am Schluss der Koalitions-Vorstellung auf: „Wir wollen eine Landesregierung sein, die sich nicht andauernd streitet.“ Danach scheint sich nach sechs Jahren Rot-Grün-Rot selbst die SPD zu sehnen. Wenn schon keine große Koalition und kein großer Wurf, dann wenigstens ein Hauch von Harmonie und Heavy Metal – nachzuhören bei der alten Band des neuen Kultursenators Joe Chialo. Jetzt ziehen alle seichtere Saiten auf.
Auf keinen grünen Zweig kommt Schwarz-Rot naturgemäß bei der neuen Oppositionsführerin Bettina Jarasch (Grüne). Die Noch-Umweltsenatorin kommentierte mit zerflatterter Lyrik aus der Vogelwelt: „Der Koalitionsvertrag ist eine fette Taube auf dem Dach, aber kein Spatz in der Hand.“
Alle wichtigen Verabredungen im Koalitionsvertrag finden Sie hier, Hintergründe zur möglichen Postenverteilung gibt es hier, einen Leitartikel von Lorenz Maroldt lesen Sie hier. Und was denken Sie über den neuen Bund für die Bundeshauptstadt? Stimmen Sie ab! Wir bleiben gespannt.