Franziska Giffeys Vorstoß wirft viele Fragen auf

Um Berlins Wohnungskrise zu beenden, will die Regierende neue Wege gehen. Unsere vorläufige Bilanz: Dit könnte in die Hose jehn. Ein Checkpoint-Kommentar von Lorenz Maroldt

Franziska Giffeys Vorstoß wirft viele Fragen auf
Die Regierende Bürgermeisterin Berlins, Franziska Giffey (SPD), bei einem früheren Pressetermin. Foto: Emmanuele Contini/Imago

Dit könnte jehn“ lautet die Dauerparole, die Naomi Fearn unserer Regiermeisterin für die „Berliner Schnuppen“ ins Checkpoint-Rathauszimmer gezeichnet hat. Aber wie könnte gehen, was Franziska Giffey jetzt im Tagesspiegel-Interview vorgeschlagen hat? Schauen wir erst nochmal darauf, was genau sie sagte:

+ „Stellen Sie sichvor, dass niemand in Berlin mehr als 30 Prozent seines Haushaltsnettoeinkommens für die Miete zahlen muss. Das wäre fair und eine nachvollziehbare Lösung für alle. Denn was eine leistbare Miete ist, unterscheidet sich – je nachdem, ob eine Verkäuferin, eine Zahnärztin oder die Regierende Bürgermeisterin eine Wohnung mietet. Wenn die 30 Prozent als Maximum für jeden gelten, wäre das eine sehr gerechte Lösung.“

+ „Jeder kann dann prüfen: Ist meine Miete höher als 30 Prozent meines Einkommens? Wenn ja, muss es ein geregeltes Verfahren geben, zum Beispiel eine öffentliche Mietpreisprüfstelle, die die Höhe der Überschreitung feststellt und Mieterinnen und Mieter dabei unterstützt, dagegen vorzugehen.“

+ „Die 30-Prozent-Belastungsgrenze würde das Problem anders angehen als der Mietendeckel es getan hat. Denn der führte dazu, dass auch wohlhabende Mieter einer Wohnung beispielsweise am Ku’damm von der Absenkung der Miete profitierten. Das war nicht gerecht. Wir brauchen einen anderen Weg: Entlastungen müssen an die jeweilige Einkommenssituation gekoppelt sein.“

Während Giffey am Wochenende mit einer Steppjacke bekleidet und dem Tagesspiegel in der Hand lächelnd dem feuchtkühlen Wetter trotzte und ihr eigenes Interview gemütlich auf dem Schaukelstuhl im Blumengarten sitzend noch ein zweites Mal genoss (hier zu sehen), waren Freund und Feind schon damit beschäftigt, ihre „Gute-Mieten-Gesetz“-Idee zu zerpflücken.

+ Sebastian Czaja warnt vor einem „bürokratischen Monster“, das nur Verlierer produziere – an Mieter mit geringem Einkommen würden dann „nur noch staatliche Akteure vermieten“, sagte der FDP-Fraktionschef.

+ Klaus Lederer nennt den Vorschlag „unrealistisch“ – ein Verfahren zur Prüfung von zehntausenden Mietverhältnissen sei nicht praktikabel, sagte der Bürgermeister und Kultursenator von der Linkspartei

Ein paar Detailfragen wären da tatsächlich noch zu klären: Wie sollen künftig Soloselbstständige, Jungfamilien und Fastrentner überhaupt noch die Chance auf den Zuschlag für eine freie Wohnung bekommen – oder anders gefragt: Welcher Vermieter ist wagemutig genug, sich auf so ein Risiko einzulassen? Was passiert, wenn das Einkommen von Mietern stark schwankt? Welche Befugnisse bekommt die Mietpreisprüfstelle – und wie groß muss die sein? Wie viele zusätzliche Stellen braucht die Justiz, um die erwartbare Flut der Verfahren zu regeln? Gibt es einen Härtefallfonds für Kleinvermieter? Was ist mit WGs und Untermietern? Und warum sollte eine Berliner 30%-Regel nicht genauso an der Bundeszuständigkeit scheitern wie der Mietendeckel?

Und so lautet die vorläufige Blitzbilanz: Dit könnte in die Hose jehn.