Lufthansa-Crew repariert defekte Sitze selbst: Hinweise auf mögliche Verstöße gegen Auflagen der Flugsicherheitsbehörde
In internen Chatgruppen tauschen sich Mitarbeiter über Tipps zu Reparaturen aus. Auch wird über Möglichkeiten zum Vorbeischmuggeln von nötigem Material an der Security diskutiert. Von Lorenz Maroldt

Ein heikler WhatsApp-Chat (liegt dem Checkpoint vor) weist auf mögliche Verstöße von Flugzeug-Crews gegen die Sicherheitsauflagen der Flugsicherheitsbehörden hin. In der internen Chatgruppe (mehr als 400 Mitglieder) tauschen Flugbegleiter der Lufthansa Tipps für Reparaturen an Business- und First-Class-Sitzen sowie die Beschaffung von Schrauben und Werkzeug aus („Amazon oder im Baumarkt“) – und sie fachsimpeln darüber, wie das Material an der Security vorbei an Bord kommt. Das Brisante daran: Reparaturen an und in Flugzeugen dürfen grundsätzlich nur von lizenzierten Technikern durchgeführt werden – und ebenso grundsätzlich nur mit lizenziertem Material.
Auszüge aus dem Chat, an dem auch ein Ex-Vorstandsmitglied der Gewerkschaft „Ufo“ beteiligt ist:
+ „Man muss sich selbst zu helfen wissen.“
+ „Ich bin auch ziemlich kreativ, wenn es darum geht, auf dem kurzen Dienstweg etwas zu reparieren.“
+ „In der Werkzeugtasche gibt es passend nur für eine Schraube den richtigen Inbusschlüssel, alle anderen passen leider nicht.“
+ „Selbst ausprobieren.“
+ „Mir hat ein Techniker gesagt, dass wir es lieber lassen sollten, da für Flieger eine Garantie oder Gewährleistung besteht, welche durch das eigenmächtige Reparieren erlöschen kann.“
+ „Jeder Purser macht das so, wie er es für recht und gut empfindet“.
Ein Lufthansa-Sprecher bestätigte dem Checkpoint am Abend, in einem Flugzeug müsse jede einzelne Schraube lizensiert sein, „selbst die kleinste“. Das gleiche gelte für die Werkzeuge und auch für die Techniker: „Wenn etwas defekt ist, kann das nicht einfach so ersetzt werden.“
Das bestätigt auch der Flugsicherheitsexperte Rüdiger Haas, Professor und Mitglied der „Society of Flight Test Engineers“ – im Gespräch mit dem Checkpoint warnt er: „Es wäre fatal, wenn jetzt jeder Flugbegleiter selbst herumbasteln würde.“ Gerade an Sitzen müssten die Verbindungen exakt passen und dürften sich auch unter großer Belastung nicht lösen. Zu lange Schraubenkönnten zudem „Kabel beschädigen und Kurzschlüsse auslösen“.
Quintessenz mit Blick auf den Chat der Flugbegleiter: Offenbar haben hier nicht nur einige Sitze eine Schraube locker.