„Raketen auf Israel abgeschossen“, rief ein Mann gestern Abend in Wedding, woraufhin Demonstranten in Jubel ausbrachen, trommelten und klatschten. Auf mehreren sogenannten propalästinensischen Demos waren auch die Rufe „Widerstand“ und „Allahu akbar“ (Gott ist groß) zu hören. Auf einem Video des Kollegen Iman Sefati von der Bild ist zu sehen, wie am Kottbusser Tor die Hamas mit Sprechchören gefeiert wird. Die Polizei twitterte am späten Abend: „Weil der Versammlungsleiter keinen Einfluss auf die Teilnehmenden hatte und deren Auflösung durch die Polizei drohte, beendete er die Versammlung über unseren Lautsprecherwagen.“
Zurück bleibt ein verstörendes Gefühl, dass hier etwas gewaltig ins Rutschen geraten ist. Während der Angriff auf Israel auf Berlins Straßen erneut gefeiert wurde, sind noch immer etwa 100 Geiseln in der Gewalt der Hamas im Gaza-Streifen. Am Montag jährt sich der Angriff der Hamas auf Israel zum ersten Mal.
Irans Revolutionsgarden hatten gestern Abend Dutzende Raketen auf Israel abgefeuert. Der Angriff dauerte rund eine Stunde. Alle aktuellen Entwicklungen in der Region können Sie in unserem Newsblog verfolgen.
Auch an Berlins Schulen ist die Lage seit dem 7. Oktober 2023 nicht einfacher geworden. Der Bedarf an Aufklärung und Vermittlungsarbeit ist groß. Doch über die Frage „Wie“ und vor allem „Wer“ gibt es seit längerem Streit. Umso bemerkenswerter ist, wer gestern im Festsaal des Roten Rathauses mit dem Verdienstorden des Landes Berlin geehrt wurde. Den bekommen Berlinerinnen und Berliner, die sich „in herausragender Art und Weise um unsere Stadt verdient gemacht haben“ (Zitat Kai Wegner, Regiermeister und Ordensverleiher.
Wer trotz des Streits mit einem CDU-Staatssekretär von CDU-Regiermeister Kai Wegner ausgezeichnet wurde, lesen Sie heute im Checkpoint für Abonnenten. (Jetzt hier testen.)
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Ebenfalls mit dem Verdinestorden ausgezeichnet (und völlig unumstritten) ist übrigens Mandy Mangler, Chefärztin am Vivantes Klinikum und Tagesspiegel-Podcasterin (neueste Folge des „Gyncast“ hier), „für ihr Engagement für die Enttabuisierung weiblicher Gesundheit“. Wir gratulieren herzlich!
„Im Durchschnitt mussten Berlinerinnen und Berliner in Marzahn-Hellersdorf im Juli dieses Jahr 38 Monate auf einen Termin warten“, schrieb meine Kollegin Julia Schmitz gestern im Bezirksnewsletter (hier abonnieren). Eine Sitzung Mathe mit dem Checkpoint hat ergeben: Da stimmt etwas nicht. Es fühlt sich zwar an wie eine Ewigkeit, aber ganz so schlimm ist es dann doch nicht: Im Durchschnitt warten Marzahn-Hellersdorfer nicht mehr als drei Jahre, sondern „nur“ 38 Tage auf einen Termin. Oder wie wir Berlinerinnen sagen: 2 x 14 +10 = zu lange.
Gestern hatten wir hier über die fehlenden Telefone für die drei neuen Mitarbeiter in Marzahn-Hellersdorf berichtet (der Senat nennt das „neuer Bürgeramtsstandort“). Da kommt diese Nachricht doch gerade noch rechtzeitig: Der Zoll versteigert aktuell 359 Tischtelefone, die seien „teils neuwertig, teils gebraucht“. Einziger Haken: Interessierte können entweder 53, 191 oder 115 Telefone ersteigern. Dass die 115 gleichzeitig die Nummer des Bürgertelefons ist, kann kein Zufall sein! Falls Sie trotzdem zuschlagen wollen: Die Auktion läuft noch bis zum 8. Oktober, 6 Uhr.
Und jetzt sind Sie dran: Glauben Sie noch an das 14-Tage-Ziel für Berlins Bürgerämter? Stimmen Sie ab!
Die Rechnung kommt nach der EM, und die macht Berlin zum großen Sieger: 1,017 Milliarden Euro Stadtrendite soll die Fußball-Europameisterschaft im Sommer eingebracht haben. Das geht aus einer Analyse der Firma Nielsen hervor, die solche Erhebungen gern macht, allerdings zwei Probleme mitbringt. Erstens ist sie direkt vom Veranstalter des Turniers beauftragt worden, der Euro 2024 GmbH. Zweitens sind ihre Berechnungsmethoden umstritten. Selbst die Innenverwaltung gibt im Bericht an den Hauptausschuss zu, das Modell sei „methodisch ungeeignet […] volkswirtschaftliche oder gar fiskalische Effekte von Sportveranstaltungen für das Land Berlin zu ermitteln“. Oder anders gesagt: Glauben Sie keiner Statistik, die Sie nicht selbst gefälscht haben.
„T-Shirts statt Polos“ lautet eine Petition, die ein vermeintlicher Mitarbeiter des Malteser-Hilfsdienstes bei der Online-Plattform openpetition.de eingestellt hat. Forderung: „Wir wollen in Zukunft T-Shirts tragen anstatt Poloshirts in der Notfallrettung“, denn „T-Shirts sind atmungsaktiver. Dünnerer Stoff ist vor allem im Sommer angenehmer. Ein Kragen ist nicht nur schnell unansehnlich […] Im Winter engt der Kragen ein, beim Tragen unter dem Pulli.“ Bisher ist die Petition allerdings eine eher kratzige Angelegenheit: Von den nötigen 11.000 Stimmen sind erst 17 eingesammelt.
„Erstaunlich was sich so alles im Netz finden lässt“, kommentiert Malteser-Sprecherin Charlotte Rybak. „Uns ist weder dieses Ansinnen noch die Petition noch die Person auf dem Foto bekannt.“ Man habe eine bundesweit einheitliche Dienstbekleidungsordnung. „Über unser Fehler- und Risikomanagement kann jeder Mitarbeiter Probleme oder Vorschläge zur Dienstbekleidung melden, die geprüft und ggf. auch berücksichtig werden.“
Aber wo wir gerade bei den Maltesern sind, weist Sprecherin Rybak auf eine positive Nachricht hin: „Fünf junge Frauen und Männer haben am 1. Oktober ihre Notfallsanitäter/in-Ausbildung bei den Berliner Maltesern begonnen.“ Wir wünschen den Retter/innen von morgen gutes Gelingen – und bedanken uns schon mal für den Einsatz.
Und noch ein paar Leseempfehlungen:
+ „Schmierereien, Fäkalien, Buttersäure“: Berliner Technoclub About Blank wehrt sich gegen Angriffe aus Pro-Palästina-Szene
+ Bewerbervideo im Gangsterstyle: Achtung, Achtung, hier rappt die Brandenburger Polizei!
+ Verliert der Westen durch Israels Krieg an Glaubwürdigkeit? „Der globale Süden ist selbstvoll von Doppelstandards“ Ein Interview mit Thomas Kleine-Brockhoff, dem neuen Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
Telegramm
Die Vision Zero auf Berlins Straßen ist mehr Utopie als Vision, die Realität sieht so aus: 40 Menschen kamen in diesem Jahr bereits ums Leben. Eine 56-Jährige verstarb nun, nachdem sie in der Schwarnweberstraße in Reinickendorf von einem 20-Jährigen angefahren wurde. Zeugen berichten von „Rennaktivitäten“ zweier Autos, laut BZ saß der 20-Jährige in einem BMW 850i, ein Wagen mit 530 PS, der in vier Sekunden von 0 auf 100 beschleunigt.
Nur Blechschäden gab es zum Glück bei einem anderen Rennen: Laut Zeugen hat in der Nacht zu Dienstag ein 21-Jähriger in Baumschulenweg an einem Rennen teilgenommen, teilte die Polizei mit. „Beim Versuch, die Autobahn zu verlassen, prallte er mit seinem Audi gegen das Geländer einer Brücke. Teile dieser fielen auf die Fahrbahn und beschädigten weitere Autos.“
Aber zum Glück geht die Verkehrsverwaltung nun mit Kuscheltieren gegen diesen tödlichen Wahnsinn vor.
In Paris kostet das Parken eines Besucher-SUVs im Zentrum jetzt 18 Euro, sechs Stunden kosten 225 Euro. Falls noch jemand Ideen fürs Berliner Haushaltsloch sucht. Oder echte Visionen für den Verkehr.
Mit Verspätung: Das für gestern angesetzte Pressegespräch der Grünen-Fraktion „Wege aus der BVG-Krise“ wurde verschoben. Warten sind wir bei dem Thema ja inzwischen gewohnt. Wir wünschen gute Genesung (auch der BVG).
Wie andere Städte mit den Problemen im öffentlichen Nahverkehr umgehen, hat mein Kollege Paul Meerkamp fürs Tagesspiegel-Fachbriefing Background hier aufgeschrieben. Fazit: Berlin ist gar nicht so schlecht, wie sein Ruf.
Apropos Verspätung. Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Welt gerade aus den Fugen gerät: Stimmt! Der BER benennt Start- und Landebahnen um und begründet das mit nichts weniger als der Verschiebung des Nordpols. Kein Witz: Laut BER sind alle Start- und Landebahnen im internationalen Luftverkehr an der Kompassrose ausgerichtet. Die genauen Gradzahlen ergäben sich aus dem Winkel der jeweiligen Bahn im Verhältnis zum geomagnetischen Nordpol, heißt es. Wird die Abweichung aufgrund der Bewegung des Magnetfelds zu groß, müssen die Namen geändert werden. Ergebnis: Ab Donnerstag wird die Nordbahn 25R/07L zur 24R/06L und die Südbahn 07R/25L wird zur 06R/24L. Was das für Sie heißt? Fragen Sie doch mal im Bürgeramt.
Immer Ärger mit Uber & Co: Recherchen des rbb zufolge sind mindestens zehn der großen Berliner Mietwagenfirmen, die im Auftrag von Bolt, Uber & Co Fahrgäste befördern, trotz gesetzlicher Vorgaben nicht an ihrem gemeldeten Betriebssitz auffindbar. Es geht um knapp 450 Fahrzeuge (insgesamt sind im Mietwagenbereich 3741 Fahrzeuge zugelassen). Der SPD-Politiker Tino Schopf spricht von einer Masche, um Kosten zu sparen. Er nennt das: Organisierte Kriminalität.
Tierisch was los in Tempelhof-Schöneberg. Da hockt ein Waschbär vorm Küchenfenster einer Kirchengemeinde (Zitat: „Ja, er ist süß, aber er raubt uns momentan den letzten Nerv“), die Pinguine spielen sich von der Bar in die Herzen…Diese und andere Kiezgeschichten gibt’s im aktuellen Newsletter meiner Kollegin Sigrid Kneist, den Sie (wie alle anderen Bezirke) hier abonnieren können.
Dass man in Berliner Clubs dann und wann eine geklebt bekommt, ist keine Neuigkeit. Der Trend, am Eingang die Handykameras abzukleben hat es jetzt bis in die „New York Times“ geschafft. Demnach gibt es diese Verdunkelungstaktik ebenfalls in London und auf Ibiza, Ziel: eine „Alles-geht-Atomsphäre“ schaffen. Vorbild (mal wieder): Berlin. Alles geht, nichts muss.
Zitat
„Nachdem wir die Urteilsbegründung gelesen haben, sehen wir in der nächsten Instanz gute Chancen.“
Das Landesarbeitsgericht hatte den Kita-Streik am Freitag verboten, die nun vorliegende Urteilsbegründung stimmt Verdi-Landesbezirksleiterin Andrea Kühnemann optimistisch. Die Gewerkschaft will Berufung einlegen. Diese Woche bleibt dennoch streikfrei.
Kiekste
Einen Tag vor dem Tag der Deutschen Einheit kann man das schon mal als Losung herausgeben. Gesehen und fotografiert von Leserin Sabine Loos im Cheruskerpark am Gasometer Schöneberg. Vielen Dank! Weitere Bilder gern an checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.
>Berliner Gesellschaft
Geburtstag – „Lieber Jörg, wir wünschen dir weiterhin viel Schwung im Leben. Alles Gute zum 70. von Schwesterherz Bine und Claus“ / „Siegrun Krüger hat Geburtstag. Sie wird 82 und ich gratuliere ganz herzlich!“ / „Alles Liebe zum Geburtstag, mein allerliebster Lieblingsmann auf der ganzen weiten Welt! Scheinbar enden die schlechten Zeiten nie, aber mit Dir sind sie erträglicher! Ich liebe Dich, Deine C.“ / „Lieber Lu, herzlichen Glückwunsch zu Deinem Geburtstag. Ich freue mich auf heute und auf das, was da bald kommt … Dein Ro“ / Jan-Marco Luczak (49), Politiker (CDU), MdB / „Luisa wird heute 18. Einen harmonischen Start in die Volljährigkeit mit entsprechender Unterstützung wünschen Margot und Opa.“ / Boris Lum (17), Fußballprofi, spielt für Hertha BSC / Helga Schütz (87), Schriftstellerin und Drehbuchautorin („Ursula“, „Wenn du groß bist, lieber Adam“), lehrte lange an der Filmuniversität Potsdam
Nachträglich: „Liebe Alexandra, wir senden dir, leider verspätet, die herzlichsten Glückwünsche zum Geburtstag und wünschen dir alles, alles Gute. Möge die Leiter des Erfolges für dich (EUCH) nicht enden. Viele liebe Grüße O&O“
+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++
Gestorben – Dr. Wolfgang Beck, * 16. September 1947, verstorben am 21. September 2024 / Prof. Rolf Kuhnert, * 4. März 1932, verstorben am 16. September 2024 / Hans J. Reich, * 18. Mai 1936, verstorben am 21. September 2024 / Heribert von Reiche, * 14. Februar 1957, verstorben am 18. September 2024 / Angela Sommerlatte, * 27. Januar 1949, verstorben am 15. August 2024
Stolperstein – Eva Rita Berger kam am 29. März 1923 in Leipzig zur Welt und zog als Kleinkind mit ihrer Familie nach Berlin. Vermutlich verließ die Familie, zu der noch eine ältere Schwester gehörte, 1939 Berlin und flüchtete nach Belgien. Unter welchen Bedingungen sie dort lebten, ist nicht bekannt. Belegt ist lediglich, dass die Familie in dem belgischen SS-Sammellager Mechelen (frz. Malines) festgehalten und am 4. April 1944 nach Auschwitz deportiert wurde. Am 2. Oktober 1944 wurde Eva ermordet. Nur ihre Schwester Etta überlebte das Lager. An Eva Berger erinnert ein Stolperstein in der Nollendorfstraße 19 in Schöneberg.
Wer in Berlin über die Gedenktafeln stolpert und mehr wissen will: Mit einem Klick gelangt man über die App „Stolpersteine – Die Schicksale“ zu den Biografien der Verfolgten.
Encore
Zum Tag der Deutschen Einheit haben wir Sie hier gestern gefragt:
Hat Deutschland die Einheit weitgehend geschafft?
Die Stimmung ist einigermaßen eindeutig: Nur 29 Prozent sagten „Ja“; 65 Prozent glauben „Nein“. Fazit: Es gibt noch viel zu tun.
Wir feiern morgen erst einmal den Tag der Deutschen Einheit, den die Deutschen mit ihrem Hang zur Tristesse als eine Art Selbstgeißelung in den Oktober gelegt haben. Und wenn Ihnen das Wetter morgen nicht gefällt: Warten Sie mal den 9. November ab…
Gar nicht trist war die Recherche von Alexander Fröhlich, Robert Kiesel und Christoph Papenhausen (Herzlich willkommen!). Antje Scherer hat das Stadtleben serviert und Lea-Marie Henn im Frühdienst alles ordentlich sortiert. Am Freitag weckt Sie hier Stefan Jacobs zum Brückentag.
Bis nächste Woche!
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