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Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger äußert sich zu VorwürfenNachfolgemodell für Neun-Euro-Ticket wanktKlimaaktivisten färben die Spree grün

wir beginnen den Tag mit einem „Schnellkurs für Ausreden, Ausflüchte, Alibis. Gast-Dozentin: Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger. Die hat den Kolleg:innen von der „Zeit“ ein Interview gegeben und sich damit erstmals nach ihrem Rauswurf öffentlich zu den zahlreichen Vorwürfen rund um ihre Person geäußert. Folgend ein Best-Of von Schlesingers Aussagen, unterteilt in drei Lehreinheiten.

Lesson I: Die anderen sind schuld
+ „Ich habe den großen Unmut, die Wut der Leute beim RBB unterschätzt.“
+ „Die ganze Aufregung um mich steht doch stellvertretend für die Wut mancher Menschen auf das System dahinter.“

Lesson II: Ich wurde falsch verstanden
+ „Ich habe über die Außenwirkung meines Handelns zu wenig nachgedacht.“
+ „Ich glaube, dass ich am Ende zu viel zu schnell gewollt habe, ich habe Menschen im Sender überfordert.“

Lesson III: Ich bin hier das Opfer
+ „Die Anschuldigungen kommen aus meinem engsten Umfeld. Das hat mich besonders getroffen, es schmerzt mich bis heute.“
+ „Es fühlte sich an wie das Nachladen eines Gewehrs, das auf mich gerichtet war.“

Lesson learned: Viel reden, sich auch mal wiederholen und keine Angst vor markigen Vergleichen.  Ob’s hilft? Darüber entscheiden am Ende wohl auch Staatsanwaltschaft und Gerichte.

Wir bleiben noch kurz beim RBB. Denn seit gestern Abend ist klar, wer auf Schlesinger folgt. Der Rundfunkrat des Senders wählte Katrin Vernau zur neuen Intendantin, zuvor war sie Verwaltungsdirektorin beim WDR. Dass der Job kein leichter sein wird, wurde Vernau gestern noch mal mehr oder weniger subtil deutlich gemacht. Zunächst wurde sie von einigen Mitarbeitern mit Zetteln empfangen, auf denen stand: „So nicht!! Das ist keine Wahl!! So nicht!!“ Wenig später fiel sie – ohne Gegenkandidatin – im ersten Wahlgang durch. Erst der zweite brachte die notwendige Zweidrittelmehrheit. Es kommentiert Hermann Hesse: Und jedem Anfang wohnt ein Zaudern inne.

Umfrage öffentliche Weihnachtsbeleuchtung

Viel politisches Kapital brachte die Berliner SPD in den vergangenen Wochen auf, um sich für ein kurzfristiges Berliner Nachfolgemodell für das Neun-Euro-Ticket einzusetzen. Zunächst offenbar mit Erfolg. Jetzt aber könnte das günstige ÖPNV-Ticket – das als Zwischenlösung bis zu einem bundesweiten Ticket gedacht ist – doch noch scheitern.„Ich sehe schwarz, dass es eine Lösung zum 1. Oktober gibt“, sagt nun selbst der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Stephan Machulik. Ein Grund: Brandenburg, über den gemeinsamen Verkehrsverbund mit Berlin verbandelt, hält von der Idee herzlich wenig.

Aller guten Dinge sind drei? Nicht in Spandau! Dort versuchte sich gestern Abend der AfD-Politiker Andreas Otti bereits zum zehnten Mal in dieser Legislatur zum Bezirksstadtrat wählen zu lassen – scheiterte allerdings wie bei allen vorherigen neun Versuchen. Der AfD steht zwar formal ein Posten im Bezirksamt zu, dass dieser Posten aber mit Andreas Otti besetzt werden muss, steht nirgends. Während die AfD zetert und Otti sich stur wieder und wieder der Abstimmung stellt, macht die Bezirksverordnetenversammlung weiter von ihrem Wahlrecht Gebrauch (gestern: 38 x Nein, 5 x Ja für Otti). Ob es der AfD-Mann noch ein elftes Mal versucht und wie die Wahl dann ausgeht, lesen Sie – wenn nicht hier – auf jeden Fall im Spandau-Newsletter meines Kollegen André Görke.

Telegramm

Die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Stunden zum Krieg in der Ukraine:

+++ Nach dem Vorrücken im Süden hat die ukrainische Armee nun auch im Osten erste Geländegewinne erzielen können.

+++ Die Partei des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat für den 4. November, den Tag der Nationalen Einheit in Russland, ein Referendum in den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine über deren Annexion vorgeschlagen.

+++ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat weitere deutsche Unterstützung zugesichert. Dabei ging es auch um Hilfe beim Wiederaufbau des Landes. 

Alle aktuellen Ereignisse können Sie in unserem Live-Blog (hier) und auf unserer Live-Karte (hier) verfolgen. Spenden für die Ukraine in Not können Sie weiterhin hier.

Mit fremden Stoffen in Flüssen ist derzeit nicht zu spaßen. Oder? Klimaschutz-Aktivisten von Extinction Rebellion haben gestern grüne Farbe in die Spree geschüttet. Alles ungiftig, wie die Gruppe beteuert. Die Polizei nahm trotzdem Wasserproben.

Bei der folgenden Meldung hoffen wir, dass es sich um einen Vertipper der Senatsverwaltung handelt, haben aber auch genug Fantasie, um jedes Wort zu glauben. Wie lange die Wartezeiten für die jeweiligen Verwaltungsdienstleistungen sind, wollte der CDU-Abgeordneter Adrian Grasse wissen. Und siehe da: Termine für „Staatsangehörigkeitenverfahren“ sind im Bezirk Mitte bis Ende des Jahres ausgebucht – und zwar nicht etwa bis Ende 2022. Nein, bis Ende 2023.

Falls Sie jemals in die Verlegenheit kommen sollten, Berlin in wenigen Worten beschreiben zu müssen: Lesen Sie entweder die Meldung oben drüber laut vor oder schweigen Sie und zeigen alternativ einfach dieses Video hier.

Zufall oder Chiffre? Wer auf Google Maps „Kollwitzplatz“ eingibt, bekommt nicht einfach nur den richtigen Standort angezeigt, sondern auch die Zusatzinfo: „Kollwitzplatz (Totalschaden)“. Warum? Würden wir auch gerne wissen. Sachdienliche Hinweise (gerne auch von Google-Mitarbeitern) an: checkpoint@tagesspiegel.de.

§=8?s%j/=“ß&!% … huch, keine Angst, niemand hat Ihr E-Mail-Konto gehackt (soweit wir wissen). Falls aber doch, gibt es eine gute Nachricht, zumindest für Unternehmen. Denn die können sich in solchen Fällen ab sofort an die Cyber-Hotline (030 166 360 580) der Digitalagentur Berlin wenden und digitale Erste Hilfe anfordern.

Von Frank Zander lernen, heißt zuhören lernen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will am Sonntag Obdachlose im Schloss Bellevue empfangen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Anlass ist der Tag der Wohnungslosen.

Einmal Kalender aufschlagen (oder entsperren), bitte: Mit Wolfgang Thierse, Klaus Lederer und Andrej Hermlin lädt die Nachbarschaftsinitiative Gethsemanekiez am Samstag zum Demokratiefest – für Gemeinsinn, gegen Verschwörungsideologen. Ab 12 Uhr wollen die Nachbarn zehn Stunden lang an der Gethsemanekirche tanzen, diskutieren und die Straße mit Kreide bemalen.

Zitat

„Liebe Gäste, Wir bitten Euch die nächtliche Ruhestörung ab 22 Uhr zu beachten Vielen Dank!!!“

Ein Späti in Kreuzberg sorgt sich um seine Nachbarschaft, entdeckt vom Kollegen Dominik Mai.

 

Tweet des Tages

wenn man nicht mit Karte zahlen kann: bedrucktes Papier und Münzen sind für Neandertaler, Deutschland ist eine digitale Wüste // wenn man nur mit Karte zahlen kann: die digitale Dystopie greift um sich, die Eliten wollen mich zum Plastikgeld zwingen, ich ziehe in eine Hütte im Wald

@elhotzo

Stadtleben

Essen & Trinken – Das Café Baier erinnert mit seiner Ambiance an den eleganten Jugendstil der „Belle Époque“. Unterm Kronleuchter werden Lachsfrühstück, diverse Ei-Variationen, Stullen mit selbstgebackenem Sauerteigbrot und vegane Optionen serviert. Gegen Mittag ergänzen warme oder kalte Kleinigkeiten die Speisekarte. Wer noch Platz im Bauch hat, dem empfiehlt sich die raffinierte Torten- und Gebäckauswahl. Auch auf der Terrasse kann man es sich bei Sonnenschein bekömmlich gutgehen lassen. Mo-Fr 9-18, Sa/So 10-18 Uhr, Schloßstraße 26, Steglitz, S/U-Bhf Rathaus Steglitz

Das ganze Stadtleben gibt’s mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Klaus Böger (77), SPD-Politiker / Helmut Böttiger (66), Schriftsteller und Literaturkritiker / Willy Decker (72), Opernregisseur / Claudius Dreilich (52), Rockmusiker / Maik Heydeck (57), ehem. Amateurboxer / Ulf Hoffmann (61), ehem. Geräteturner / Carsten Keller (83), ehem. Hockeyspieler / Holger Klein (53), Podcaster und ehem. Radiomoderator / „Am 08.09. hat Marianne Mehrländer Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, alles Gute und Gesundheit. Achim Melchior“ / Frank Möller (52), Judoka und Judotrainer

Glückwunsch – „Lieber Peer, wir wünschen dir und deiner Mixed-Partnerin heute bei der Roundnet-WM in Belgien viel Glück und viel Spaß, ärgere dich nicht über Regen und Wind – dabei sein ist alles. Deine Fans Mama und Papa“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Heinz Böttger, * 28. Januar 1929, Violinist der Berliner Philharmoniker i.R. / Ulrich Hausmann, * 6. Juni 1948 / Harry Liehr, * 15. Mai 1927, SPD-Senator a.D., Stadtältester von Berlin und Träger des Bundesverdienstkreuzes / Reinald Nohal, * 9. März 1938 / Jürgen Zeck, * 10. Januar 1935

Stolperstein – Felix Abraham (Jg. 1901) studierte ab 1920 in Heidelberg, Frankfurt am Main und Berlin. Später wurde er Arzt am Berliner Institut für Sexualwissenschaft, schrieb Berichte und Bücher vor allem zu Transvestiten und Transsexuellen und nahm an Kongressen der Weltliga für Sexualreform in London (1929) und Brünn (1932) teil. Nach 1933 geriet er in finanzielle und gesundheitliche Schwierigkeiten, was möglicherweise auf seinen Drogenkonsum zurückzuführen war. Später praktizierte Felix Abraham in einer eigenen Praxis in Berlin-Charlottenburg. Vermutlich Anfang 1937 heiratete er die Jüdin Pini Engel. Nach einem erfolglosen Emigrationsversuch nach Schweden um den Jahreswechsel 1936/37, kehrte er nach Deutschland zurück, um dann 1937 nach Italien zu emigrieren. Heute vor 85 Jahren beging er in Florenz Suizid. Ein Stolperstein auf der Gritznerstraße 78 in Steglitz erinnert an ihn.

Encore

Berliner Hausnummern (XVI): Die schlechte Nachricht: Jeden Tag werden in Berlin durchschnittlich 17 Bäume gefällt. Das liegt unter anderem daran, dass Berliner Bäume früher oft zu eng und auf ungeeigneten Boden gesetzt wurden. Die frohe Botschaft daher: Täglich werden acht neue Hauptstadt-Setzlinge gepflanzt – und zwar mit Abstand (Q: berlin.de). Auf hohe Kronen!

Im Recherche-Wald war heute Thomas Lippold für Sie unterwegs. Sophie Rosenfeld hat das Stadtleben kuratiert und Cristina Marina die Frühproduktion übernommen. Morgen sammelt hier Christian Latz das Laub auf. Auf bald,

Ihr Daniel Böldt

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Seit 2014 berichten wir exklusiv aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stellten Berlins marode Schulen vor, bis die Politik reagierte. Wir standen vor dem Bürgeramt, bis es wieder Termine gab. Wir recherchieren hartnäckig und gründlich.

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