die gute Nachricht: Wir starten mit einem Feuerwerk! Die schlechte: Leider ist es nur eins der Floskeln. Kultursenator Joe Chialo (CDU) hat mit dem Tagesspiegel über die massiven Kürzungen im Kulturetat gesprochen und dabei fast nichts gesagt. Zusammengefasst: Es ist eine „enorme Belastung“, eine „unglaublich schwierige Situation“, eine „wahnsinnig harte Zeit“, „die größte Krise seit Dekaden“ und „gerade hängen die Wolken etwas tiefer und sind ein bisschen dunkler“. Es habe „unterschiedliche Erwartungshaltungen“ gegeben, er habe „gekämpft und kämpft weiter“, „einiges ist berücksichtigt worden, vieles aus unterschiedlichsten Gründen nicht“. „Die Kultur in Berlin ist für alle da“, „Kultur ist kein elitäres Projekt“ und „Kultur ist auch ein Motor für wirtschaftliche Dynamik“. Aber: „In einer Koalition steht die Gesamtpolitik über einzelnen Ressortinteressen“ und die Koalition hat „ihre Schwerpunkte priorisiert, diese Entscheidungen müssen wir akzeptieren“. „Niemand hat den leichten Weg gewählt, niemandem sind diese Einschnitte leichtgefallen“, die Einsparungen „betreffen viele Lebensbereiche“. Und doch: „Es kommt der Tag, an dem die Sonne wieder heller scheint.“
Sonst noch was? Achja: Chialo ist natürlich „mit vollem Einsatz“ dabei und beschäftigt sich „rund um die Uhr“ mit dem Thema: „Es wäre heuchlerisch, wenn ich jetzt nur mit halbem Herzen dabei wäre, dann würde ich wirklich zurücktreten“.
An der Stelle bereits der Hinweis für Abgeordnete wie Interessierte: Mehr Klarheit wird’s auch im Kulturausschuss nicht geben. Die Grünen wollten die Kürzungen für die kommende Sitzung (09.12.) auf die Tagesordnung setzen, CDU und SPD wollen sie lieber „in der übernächsten Sitzung im Januar 2025 behandeln“. Spoiler: Dann ist der Nachtragshaushalt bereits beschlossen.
Nächster Beschluss: Hoffnung! Weil der Advent bekanntlich die Zeit ist, in der die Rettung naht und weil die erste Kerze schon brennt, kommen hier drei Berlin-Geschichten, die gegen jeden Trend optimistisch stimmen…
Klassenfahrten sind in Berlin kaum mehr möglich? Iwo! „Respekt wer’s selber macht“ lautet das Motto einer bekannten Baumarktkette. Gleiches gilt für Berliner Eltern. Die haben in Eigeninitiative für Achtklässler der Theresienschule Weißensee eine Mini-Reise organisiert. Elternsprecher Johann Fröhlich, seines Zeichens Professor an der Hochschule Neubrandenburg, brachte die Kinder während der Semesterferien für ein Wochenende in genau diese. Los ging’s mit drei Eltern, Schlafsäcken, Isomatten und der Bahn. Kostenlos übernachtet wurde im Zeichensaal. Geboten wurden Filmabende mit Pizza, eine Uni-Führung mit exklusiver Vorlesung und eine Stadtführung mit Bummelzeit. Für die Schüler „ein Knüller“, für die Familien Kosten von „einem Appel und einem Ei“ (Dank an Henson Stehling fürs Berichten!) und für Johann Fröhlich „ganz einfach zu organisieren“. „Ich kann mir gut vorstellen, dass das auch anderswo klappt“, sagt er. Stellt sich jetzt natürlich die Frage: Wo als nächstes?
Nächste Baustelle: Genehmigungen! Wer überzeugt ist, dass die in Berlin immer eeeeeeewig dauern, muss nach Friedrichshain-Kreuzberg. Dort hat das Umwelt- und Naturschutzamt gerade in rekordverdächtigem Tempo, nur einen Werktag nach Besichtigung, die Einrichtung eines Otterbaus erlaubt. Schon in den kommenden Wochen soll das Objekt (initiiert von der Deutschen Umwelthilfe und der Stiftung Naturschutz Berlin) bezugsfertig sein und das „trotz luxuriöser Ausstattung mietfrei“. Es kommentiert die Roller fahrende Reporterlegende: „Sensationell!“
Grübelstoff: Ob Karla Kolumna wohl Gefallen an E-Scootern gefunden hätte?
Egal! Weiter geht’s: Gestern hatten wir hier geschrieben, dass Berlins Radwege-Bilanz kilometerweit vom selbst gesteckten Ziel des Regierenden entfernt ist. Jetzt gibt es zumindest noch eine kleine Verkehrswende zu vermelden: Im Jahresendspurt wollen einige Bezirke Radwege fertigstellen, die der landeseigenen Infravelo bis dato nicht gemeldet wurden. Allein in Charlottenburg-Wilmersdorf könnten so auf die „voraussichtlich rund 17 Kilometer“ knapp zwei obendrauf kommen. Wir halten also erstmal die Pedale still und warten auf’s Foto-Finish. Vorbei ist das Rennen ja bekanntlich erst im Ziel.
Einen Mobilisierungs-Sprint bis zur vorgezogenen Bundestagswahl werden Berlins Kleinparteien hinlegen müssen: Anders als die Etablierten brauchen sie bis zum 20. Januar 2.000 Unterschriften, um mit einer Landesliste antreten zu dürfen. Anfrage bei den erfolgreichsten der letzten Bundestagswahl: Wie läuft’s?
+ Nico Poschinski, Vorsitzender der Tierschutzpartei, schreibt von einer „sehr stressigen“ Phase und hätte sich gewünscht, dass die Zahl der Unterschriften, wie zuletzt in der Corona-Pandemie, auf ein Viertel reduziert wird. So müsse die Partei Abstriche machen: „Unsere ehrenamtlichen Helfer:innen werden mit dem Sammeln der Unterschriften ausgelastet sein, sodass wir nicht flächendeckend plakatieren können (...) Einige von uns nehmen sogar unbezahlten Urlaub.“
+ Frederic Todenhöfer, Generalsekretär von Team Todenhöfer, sieht ebenfalls „eine erhebliche Herausforderung“, die kleine Parteien „extrem benachteiligt“. Für ihn entspricht die vorgezogene Wahl „nicht den Anforderungen einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“.
+ Charlene Lorenz von Volt glaubt, dass man dank einer „frühen und intensiven Planung“ gut vorbereitet sei. Allerdings gibt auch sie zu bedenken, dass das Sammeln der Unterschriften „einen wettbewerbsverzerrenden Faktor“ darstelle, weshalb der Prozess „dringend reformiert“ werden müsse –zumal das Einreichen in Papierform in einer digitalen Welt „rückständig und unnötig bürokratisch“ sei.
+ Sabine Taeubner von „Die PARTEI“ wiederum sorgt sich in erster Linie ums Wetter: „Problematisch ist für unsere Parteifreunde und Unterstützer die Witterung. Der Klimawandel ist noch nicht weit genug fortgeschritten, um zu dieser Jahreszeit stundenlang im Freien zu stehen. Das nehmen wir Herrn Scholz von der sPD (sic!) persönlich übel.“
Viel Zeit, Muße und Neues hat Kollegin Nora Weiler in unseren diesjährigen Checkpoint-Adventskalender gesteckt, den ich Ihnen hiermit ans Herz lege:Noch bis zum 24. Dezember öffnen Abonnent:innen hier jeden Tag ein Türchen mit exklusiven Gewinnen. Heute zum Beispiel verpassen Sie die Chance auf einen 100-Euro-Gutschein für den „All Inclusive Weihnachtsmarkt an der Spree“. Und ich kann Ihnen versprechen: Da kommt noch mehr! Mit dem Abo gewinnen Sie nicht nur zauberhafte Erlebnisse für sich & ihre Liebsten.
Mit dem Abo erhalten Sie außerdem sofortigen Zugriff auf alle T+Artikel, Bezirksnewsletter und den Checkpoint in der Vollversion. Darin erfahren Sie heute, in welchem Bezirk Berlins „linksradikalster Grünen-Kandidat“ antreten will – und warum in der CDU Berlin fast sozialistische Verhältnisse herrschen. Die Antworten gibt’s im Probeabo: Hier können Sie es 2 Monate für nur 2 Euro testen. Es lohnt sich.
Telegramm
In Berlin stehen immer mehr Büros leer. Das zeigt eine neue Statistik des Immobilienverband Deutschland. Wie viele davon ließen sich zu Wohnungen umbauen? Kollege Reinhard Bünger hat’s aufgeschrieben, hier zu lesen mit T+.
Was kostet eigentlich ein Rathaus? Das wollte Timur Husein (MdA CDU) wissen und hat sich bei der Finanzverwaltung nach der Miete für das Kreuzberger Modell erkundigt. Die Antwort: 2023 waren es 208.534 Euro pro Monat. Und schon fängt der gemeine Berliner an zu rechnen: Zehn Etagen in bester Lage, Kantine inklusive, top ÖPNV-Anschluss, Privatparkplatz… Klingt gar nicht so schlecht!
Apropos Kreuzberger Modell: Die Klasse 6d ruft hier zum gemeinsamen Protest! „Da der Regenwald abgeholzt werden soll, müssen wir eine Demo machen, damit mehr Leute verstehen, wie wichtig der Regenwald ist“, schreiben die Schülerinnen und Schüler in einem Aushang. Früh übt sich.
Willen braucht man. Und Zigaretten? Die CDU Pankow jedenfalls will Raucher an Bus- und Bahn-Haltestellen zur freiwilligen Abstinenz bewegen. Eine Informationskampagne soll an das Gemeinschaftsgefühl appellieren und auf die Gefahr des Passivrauchens hinweisen. Die BVV hat den Antrag angenommen, jetzt will man Senat, BVG und Deutsche Bahn überzeugen. Zumindest die Verkehrsverwaltung ist schon mal Feuer und Flamme! Sprecherin Petra Nelken erklärt auf Checkpoint-Anfrage: „Wir halten das für eine wirklich gute Idee und werden darüber mit der BVG sprechen!“ Und was sagen Sie?
Sollte die BVG Sie gestern übrigens via Push-Mitteilung darauf hingewiesen haben, dass es auf der U9 zu „Wartezeiten von bis zu 994 Minuten zwischen zwei Fahrten“ kommt: Das lag, auch wenn wir hier in Berlin Vieles gewohnt sind, nicht an einer Störung des Zuges, sondern an einer Störung der App.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten mit der Deutschen Bahn: Während sich Checkpoint-Leserin Martina K. ärgert („100 Minuten Verspätung“) will Ex-Kollege & Bahn-Experte Klaus Kurpjuweit ein Lob loswerden, weil mal was „außergewöhnlich gut“ geklappt hat. Spoiler: Die Bahnfahrt war es nicht, die fiel am vergangenen Mittwoch aufgrund von Unwetterschäden aus. Aber: Noch am selben Abend beantragte er via DB-Navigator die Erstattung (59,98 Euro). Und bereits am Freitag teilte die Bahn mit, dass sie den Betrag am Donnerstag überwiesen habe. „Sogar aufgerundet auf 60.“
Knapp 90 Kilometer nordwestlich von Berlin startet heute die Konferenz der Innenminister: Diskutiert werden soll in Rheinsberg u.a. über den Straftatbestand für Cybermobbing, Fußfessel für Gewalttäter und die Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan & Syrien. Schwerste Themen in malerischster Kulisse.
Nicht ganz so malerisch: Wie der rbb berichtet, lehnt die Finanzverwaltung (im Gegensatz zur landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH) den Kauf des ehemaligen City Hotel Berlin East ab. Aktuell wird der Gebäudekomplex, in dem 1.200 Geflüchtete untergebracht werden sollen, gemietet. Bis Ende Juni 2025 hätte das Land eine exklusive Kaufoption erhalten.
Eine exklusive Antwort haben wir noch für Checkpoint-Leserin Eike K., die wissen wollte, was es mit dem in einen Pflasterstein geritzten Kreuz vor der Marienkirche am Alexanderplatz auf sich hat. Wir haben da mal recherchiert: Tatsächlich markiert es weder einen Schatz, noch den Weg zum Bernsteinzimmer. Klarheit schafft der Kirchwart: Es kennzeichnet lediglich „Grundstücksmarkierungen um die Marienkirche herum“.
Zitat
„Dickhäuter sind groß, schwer und hinterlassen riesige Kothaufen – da kommt man schnell ins Schwitzen!“
Nikolas Algenstaedt hat sich bei der Bewerbung um die wohl verlockendste Stelle des Sommers („Bademeister“ für Mini-Hippo Toni) durchgesetzt und kümmert sich im Berliner Zoo jetzt um die Elefanten, Nashörner und Flusspferde.
Kiekste
Geradeaus kann ja jeder! Im Zickzack über den Hohenzollernplatz lief M. Kämpf, vielen Dank für dieses Berlin-Foto. Schicken Sie Nachschub gern an checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.
>Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Nico Hofmann (65), Regisseur („Der Sandmann“), Autor und Produzent („Unsere Mütter, unsere Väter“, „Ku’damm 56“), war lange Geschäftsführer der UFA GmbH, Mitglied der Europäischen Filmakademie Berlin, rief mit Bernd Eichinger den Nachwuchspreis First Steps ins Leben / „Ulrich Hopp (70), Verleger, Die besten Wünsche von Ines und Onno“ / Charly Hübner (52), Schauspieler („Mittagsstunde“, bis 2022 als Ermittler Alexander Bukow in den Rostocker „Polizeiruf-110“-Folgen), Regisseur („Sophia, der Tod und ich“, „Element of Crime – Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“) / Ursula Krechel (77), Schriftstellerin („Landgericht“, „Geisterbahn“), Mitglied der Berliner Akademie der Künste / Uwe Kröger (60), Musicaldarsteller, spielte u.a. „Die 3 Musketiere“ im Theater des Westens / Markus Laubenthal (62), General des deutschen Heeres, Chief of Staff im Supreme Headquarters Allied Powers Europe, 1991 im Wachregiment Berlin / Marteria (42, gebürtig Marten Laciny), Rapper („Bengalische Tiger“) hat an der Berliner Schauspielschule Reduta eine Ausbildung gemacht / Mina Tander (46), Schauspielerin („Maria, ihm schmeckt’s nicht!“, Serie „Berlin Station“)
Nachträglich: „Ebs (74), ALLES Gute, Schöne und viel Freude im neuen Lebensjahr wünscht Familie G zwei Treppen tiefer“
+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++
Gestorben –Wolf-Rüdiger Feldmann, * 8. April 1955, verstorben am 23. November 2024 / Dr. Joachim Hiehle, verstorben am 3. Oktober 2024 / Sabine Rakowsky (geb. Heppner), * 13. Oktober 1924, verstorben am 19. November 2024 / Rainer Welz, * 28. Oktober 1943, verstorben am 10. November 2024
Stolperstein – Paul Junius wurde am 10. Juli 1901 in Berlin geboren. Von Beruf war er Maschinenschlosser, 1923 trat er in die KPD ein. Er war im politischen Widerstand, versteckte u.a. den kommunistischen Funktionär Werner Prochnow, organisierte Sabotage in der Rüstungsproduktion, verbreitete Flugschriften und sammelte Lebensmittelmarken sowie Geld für Untergetauchte. Am 13. Juli 1944 wurde er von den Nazis verhaftet, zum Tode verurteilt und am 4. Dezember 1944 hingerichtet. Eine Straße in Lichtenberg wurde nach ihm benannt. An Paul Junius erinnert ein Stolperstein in der Rügener Straße 22 in Gesundbrunnen.
Encore
Wir beenden den Newsletter wie wir ihn begonnen haben: mit großen Worten! Im Neuland (aka auf Reddit) haben wir gestern eine Berlin-Ode entdeckt, die wir hier gern in Auszügen teilen: „Ich kann nicht anders, als diese Stadt mit jeder Faser meines Wesens zu lieben, trotz all ihrer Makel“, schreibt da eine Zugezogene. Die Berliner? „Haben diese einzigartige Mischung aus Offenheit und Direktheit, die mich sofort zu Hause fühlen lässt“. Der Berliner Winter? Hat „eine Art von Charme, den ich nicht erklären kann“ und „wenn der Frühling endlich kommt, fühlt es sich an, als würde die ganze Stadt vor Leben und Hoffnung erblühen“. Dazu kommt die „schiere Vielfalt an Möglichkeiten“ und dass sich die Stadt „ständig neu erfindet“. Und auch wenn der öffentliche Nahverkehr wirke, als „würde er nur noch von Klebeband und guten Absichten zusammengehalten“, sei Berlin vor allem eins: „magisch“.
In diesem Sinne: Lassen Sie sich verzaubern! Zauberhaft an diesem Newsletter mitgewirkt haben Christian Latz, Felix Hackenbruch, Christoph Papenhausen, Antje Scherer (Stadtleben) und Lea-Marie Henn (Produktion). Morgen begrüßt Sie hier die magische Anke Myrrhe. Machen Sie’s gut!
Ihre Ann-Kathrin HippBerlin braucht guten Journalismus!
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