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Prophetische PräsidentinZerschlissene ZügeTeure TicketschnäppchenVerdächtige VolksbefragungVergebliche Fahndung

von Stefan Jacobs
und Jessica Gummersbach
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„So darf ein Haushalt nicht aussehen“, sprach die Präsidentin des Landesrechnungshofes 2023 bei der Präsentation ihres Jahresberichts. „Das Prinzip Hoffnung ist keine Lösung“, und „wenn Sie dieses Ausgabenniveau so weiterführen, werden enorme Defizite entstehen“. Ein Jahr danach muten die Worte von Karin Klingen prophetisch an. Heute übergibt sie im Abgeordnetenhaus den 2024er-Bericht. Dem CP sagte sie vorab mit Blick auf die jüngste Haushaltsrasur: „So weit hätte es nicht kommen dürfen. Die Probleme sind seit Jahren bekannt.“ Die späte Entscheidung „führt zu zusätzlichen und unnötigen Belastungen“. Der Kraftakt des Sparens müsse durchgehalten werden, um Berlins Handlungsfähigkeit zu sichern. Aber auch das vorhandene Steuergeld müsse „wirtschaftlich und zielgerichtet“ eingesetzt werden. Der Rechnungshofbericht zeige Schwachstellen auf – von fehlenden Kontrollen des Zweckentfremdungsverbots bis zu Vorstandsvergütungen bei Landesunternehmen.

Das im Juli eingeführte 29-Euro-Ticket geht vor allem auf Kosten des Deutschlandtickets. Das zeigt die Senatsantwort auf eine Anfrage von Oda Hassepaß (Grüne), die dem CP vorab vorliegt. Demnach sanken die Fahrgeldeinnahmen der BVG durch das D-Ticket fast exakt in dem Maß, in dem die Einnahmen durch das 29-Euro-Ticket stiegen, nämlich um zuletzt knapp fünf Millionen Euro im Monat. Das ist deshalb problematisch, weil die Zuschüsse fürs D-Ticket zur Hälfte vom Bund kommen, während Berlin dessen „Kannibalisierung durch die kurzlebige Giffey-29-Euro-Abo-Falle“, wie Hassepaß es völlig unparteiisch formuliert, allein aus dem Landeshaushalt subventionieren muss.

Bemerkenswert auch: In den ersten acht Monaten dieses Jahres nahm die BVG über das D-Ticket rund 386 Millionen Euro ein – zehn Prozent mehr als in den acht Monaten 2023 nach Einführung des D-Tickets. Für den Regionalverkehr berichtet der VBB von „starken Zuwächsen bei der Gesamtnachfrage“ seit Februar von zunächst 20 Prozent und seit April 40 Prozent – mit entsprechend höherer Auslastung der Züge. „Insofern sind die Kürzungen der ÖPNV-Mittel durch Schwarz-Rot unverantwortlich“, resümiert die Grüne.

Der Zustand der Berliner Wälder ist zum Eichenerweichen: Die häufigsten und ökologisch zugleich besonders wertvollen Laubbäume sind praktisch durchweg krank, die meisten sogar deutlich geschädigt, wie der gestern veröffentlichte Waldzustandsbericht dokumentiert. Auch andere Laubbäume sind nach mehreren rekordwarmen und trockenen Jahren seit 2018 auf dem absteigenden Ast, während die Kiefern – die allerdings aus anderen Gründen problematisch sind – nicht ganz so schlecht dastehen. Allerdings ist Besserung durchaus möglich, nachdem es in diesem Jahr bisher etwa so viel geregnet hat wie langjährig üblich und der Sommer ohne Hitzerekorde geblieben ist. Hinzu kam als Sondereffekt der Frost Ende April, der nicht nur die heimische Obsternte ruiniert hat, sondern auch viele junge Triebe.

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+ Wann und wie oft die Polizei mit Bildern nach Verdächtigen fahndet – und in welchem aktuellen Fall sie trotzdem nicht weiterkommt.

+ Bis wann die S-Bahn den Rest ihrer rund 25 Jahre alten Doppelwagen auffrischen will.

+ Warum die Webseite des Abgeordnetenhauses gestern lahmgelegt war.

Wäre toll, wenn wir Sie für unser mit Liebe gemachtes Berliner Handwerk begeistern können. Günstiger wird’s nicht mehr!

Telegramm

Brandenburg kann in der Nato bleiben. Darauf haben sich SPD und BSW in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. Auch für Berliner relevant (wenn’s denn umgesetzt würde): Am BER soll von 22 bis 6 Uhr Ruhe herrschen und keine dritte Startbahn gebaut werden. Gebraucht wird sie ohnehin nicht. Was zu weiteren Themen wie Bildung, Verkehr und Energie im rot-lila Vertrag steht, erfahren Sie hier.

Am Berliner Hauptbahnhof müssen sich Reisende – wie gestern hier schon kurz erwähnt – wegen fehlender Weichen auf Härten gefasst machen: Für flexibleren Zugbetrieb werden die beim Bau 2006 weggelassenen Gleisverzweigungen im nächsten Frühjahr nachgerüstet. Zwei Monate lang wird deshalb der Zugverkehr vom und zum Südkreuz eingeschränkt. An zwei Wochenenden – eins davon ist ganz zufällig Ostern – wird die Nord-Süd-Strecke sogar komplett gesperrt. Die Details gibt’s hier.

Wer gleitet so spät durch Nacht und Wind? Es sind ICEs, für die sich kein Parkplatz find‘. Tsp-Kollege Klaus Kurpjuweit (die Älteren werden sich erinnern) hat die verrückte Geschichte der rastlosen Züge aufgeschrieben, die nächtens die Hauptstadt umkreisen. Online hier oder als Berlin-Aufmacher heute im gedruckten Tagesspiegel sowie im E-Paper.

Auf der Homepage der Bundes-CDU läuft (ziemlich weit unten) gerade eine Publikumsbefragung mit dem Titel „Braucht Deutschland einen Neuanfang?“ Nachdem eine aufmerksame CP-Leserin sich über das immer gleiche Ergebnis gewundert hatte, hat unsere Praktikantenschar (Scherz!) das gestern den ganzen Tag lang verfolgt – und kann den Befund bestätigen: 68 Prozent für Neuanfang, 32 Prozent dagegen; kannste nix machen. Außerdem fällt auf, dass der Zeiger auch dann unbeirrt nach Ja springt, wenn man ihn auf Nein gezogen hat. Ist sicher nur ein Technikproblem, wenn überhaupt. Aber wir helfen gern bei der Wahrheitsfindung – wenn Sie uns dabei unterstützen. Bitte, danke!

Opinary: Braucht Deutschland einen Neuanfang?

Wahlkampf hilft gegen Arbeitslosigkeit, wie den Webseiten der Berliner SPD zu entnehmen ist. Der Landesverband hat mehrere Stellen ausgeschrieben, z.B. Wahlkampfhilfe für die Bereiche „Mobilisierung und Veranstaltungen sowie „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Inhalte und Impulse“. Während diese Stellen befristet sind von Anfang Januar bis Ende März (der erste Monat ist Probezeit, der letzte wohl zum Aufräumen), wird ein/e Mitarbeiter/in für „Organisation und Finanzen“ unbefristet gesucht. „Kenntnisse der internen SPD-Anwendungen von Vorteil“, heißt es darin, wobei mit SPD-Anwendungen nicht die sedierende Kommunikation des Bundeskanzlers gemeint ist, sondern die IT.

Als Vorstandschefin von DB Cargo kennt sich Ex-BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta zwar mit dem Transport sperriger Güter aus, aber bei der Beförderung ihres Handys ist ihr ein Malheur passiert: Wie sie auf LinkedIn berichtet, fiel ihr das Gerät beim Einsteigen in die S-Bahn zwischen Zug und Bahnsteigkante ins Gleisbett. Ein DB-Sicherheitsmann habe es routiniert mit einem Greifer hervorgeangelt, berichtet die Managerin und verbindet die Episode mit einem Dank sowie der dringenden Warnung davor, in einem solchen Fall selbst ins Gleis zu springen.

Apropos Warnung: Aus maximal traurigem Anlass mahnt die Polizei schon jetzt, niemals mit Pyrotechnik herumzubasteln oder Knallerei anders zu verwenden als vorgesehen. Am Dienstagabend hat sich in Lichtenrade ein Zwölfjähriger mit einem selbstgebauten Böller eine Hand kaputtgesprengt. Der Junge wurde per Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen. Seine Angehörigen und ein am Einsatz beteiligter Polizist mussten von Seelsorgern betreut werden.

Der „Fahrradklimatest“ des ADFC befindet sich auf der Zielgeraden: Noch bis Sonnabend werden Meinungen zum sog. Miteinander im Straßenverkehr und zum Zustand der Berliner Radwege gesammelt. Bundesweit haben sich laut ADFC schon mehr als 140.000 Menschen an der vom Verkehrsministerium geförderten Befragung beteiligt.

Der 68-Jährige, der am Abend des 4. November in der Uhlandstraße von einem Auto angefahren wurde, ist im Krankenhaus gestorben. Die Polizei fahndet nach der Person am Steuer, die Fahrerflucht beging. Damit sind seit Jahresbeginn 50 Menschen auf Berlins Straßen tödlich verunglückt. Noch mehr waren es zuletzt im Jahr 2016. Von den in diesem Jahr Getöteten waren 22 zu Fuß, elf per Rad, sechs auf motorisierten Zweirädern und sechs im Auto unterwegs. Und die Hälfte der Opfer war mindestens 65 Jahre alt, was für (verkehrs)politisch Verantwortliche eine relevante Information sein müsste. Im Landeshaushalt wurde der Posten „Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit“ für 2025 um die Hälfte gekürzt.

Das gestern hier vermeldete Lamento von Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU), dass durch die Cannabis-Legalisierung Telefon- und Chatüberwachung nicht mehr ohne Weiteres als Beweismittel genutzt werden könnten, wird offenbar nicht von der gesamten Justiz als Problem gesehen. CP-Leserin und Strafverteidigerin Alexandra Pfeiffer merkt an: „Wir könnten auch auf einem Bein hüpfen für strafbar erklären. Dann könnte die Staatsanwaltschaft noch viel mehr Telefone überwachen, die so gewonnenen Beweise für alles Mögliche nutzen, Anklagen und Verurteilungen erreichen.“

Es ist wieder Zeit fürs jährliche Update zu Berlins verbotenem Berg. Seit vier Jahren ist der Kletterfelsen „Kirchbachspitze“ in Schöneberg gesperrt, weil sanierungsbedürftig. Auch in diesem Jahr fragte Sebastian Walter (Grüne) den Senat, wann die Sanierung ansteht – und wie in jedem Jahr antwortete die landeseigene Gewobag als Eigentümerin der Fläche nur vage, dass „aus wirtschaftlichen Gründen“ weder Sanierung noch Abriss und Neubau realistisch seien. Stattdessen werde jetzt ein „Konzept zur alternativen Nutzbarmachung der Fläche“ entwickelt. Wie war noch mal der Diskussionsstand bezüglich einer Alternative zum Sprengplatz Grunewald?

Zitat

Wir brauchen die Planungen in der Schublade für den Moment, wenn es Geld gibt.

Jens Wieseke, Sprecher des Fahrgastverbandes IGEB. Er hat mit anderen Verkehrsexperten ein Konzept fürs Nahverkehrsnetz 2064 erarbeitet, von dem möglichst viele Berliner profitieren sollen.

 

Kiekste

Mit ein bisschen Lametta bereit für die nächste Saison: „Dieser ehemalige Weihnachtsbaum steht seit Januar dort“, schreibt Leserin Annette Hösterey aus Rudow an checkpoint@tagesspiegel.de. Vielen Dank! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.

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Berliner Gesellschaft

Geburtstag – „Lieber Axel, zu deinem 77. Geburtstag kommen auf diesem Wege die besten Glück- und Segenswünsche aus Lieusaint von Florian und Susi, Elodie und Johann, aus Moabit von Daniel, aus Steglitz von Junia und Markus und nicht zuletzt … na von wem wohl? hi,hi“ / „Cati, alles, alles Liebe zu deinem 50. Geburtstag! Lass dich schonmal ordentlich feiern – am Samstag lassen wir dich dann zusammen hochleben! 🥳 Deine Babsi“ / Michael Eissenhauer (68), Kunsthistoriker, war von 2008 bis 2022 Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin / „Alles Gute und Liebe und viele Glückwünsche zum Geburtstag für die unvergleichliche Anja Götz, die mit ihrem Design die Stadt verschönert“ / „Liebe Hildburg, nach vielen Jahren der Freude an Kunst, Kultur, frohem Beisammensein und Tsp hast du nun dein 85. Lebensjahr vollendet. Es gratulieren dir die Reste der ‚Gruppe 77‘“ / „Wie jedes Jahr, die zwei Besten an einem Tag: alles Liebe Mama und alles Liebe Philipp! Eure Maxie“ / „Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag, lieber Papa, von Georg, Eva und Jasmin!“ / „Herzlichen Glückwunsch, meine geliebte wunderbare Frau, Sabine, zu deinem 68. Geburtstag, dein Achim“ / Emilia Schüle (32), Schauspielerin („Freche Mädchen“, „Wunderschön“), ihre fotografischen Arbeiten waren bis vor Kurzem in der Galerie HOTO in Kreuzberg zu sehen / „Susanne, unsere Cheferin, feiert heute Geburtstag. Wir freuen uns mit ihr. Xronia Polla, von Deinen Lieben.“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

GestorbenHans-Dieter Conrad, * 23. März 1930 / Günter Koch, * 28. März 1940 / Klaus Alwin Rudolf Ritter, * 31. Mai 1937, u.a. ehemaliger Vorsitzender des Deutschen Richterbundes Berlin / Klaus Sadowski, 30. März 1959 / Peter Schwichtenberg, * 11. Juli 1945, Kunstsammler

StolpersteinFriedrich Jendrosch (* 1890) war Schlosser und arbeitete bei der Reichsbahn. Er war für die KPD u.a. Mitglied des Reichstags und des preußischen Landtages. Im Zuge der „Aktion Gewitter“ wurde er am 24. August 1944 verhaftet und ins KZ Sachsenhausen deportiert. Die Lagerverwaltung teilte seiner Ehefrau mit, dass ihr Mann am 28. November 1944 an einer Hirnhautentzündung verstorben sei. Wahrscheinlich fiel er aber den widrigen Haftumständen oder den Misshandlungen durch die SS zum Opfer. An Friedrich Jendrosch erinnert ein Stolperstein in der Osloer Straße 110 im Wedding.

Encore

Unsere kleine Beatles-Meldung über die vergeblichen Bemühungen, für die Fab Four im Jahr 1966 in Berlin einen Veranstaltungsort zu finden (CP vom Montag), hat manches alte Rock ’n’ Roller-Herz in Schwung gebracht.

So schreibt uns Gerhard Rassel aus Friedenau zur zertrümmerten Waldbühne: „Warum wiederholen Sie Lügen? Sie drücken es so aus, dass Rolling-Stones-Fans die Waldbühne mutwillig zerstört hätten.

Ich war dabei.

Als die Stones nach nur ein paar Liedern aufhörten, kam es natürlich zu Zugabe-Rufen. Aber man machte auf der Bühne das Licht aus, gleichzeitig stürmten Polizisten seitlich in den Platz vor der Bühne und prügelten sofort auf die Besucher ein. Ein Klassenkamerad hatte noch längere Zeit den Striemen des Polizeiknüppels auf dem Rücken.

Bei den Zuschauern brach Panik aus. Die Treppen waren damals schon zu eng. Also flüchtete man über die Sitze, die aus Sperrholz bestanden. Ich wog ca. 100 kg. Sie können sich denken, was passiert, wenn ich in Eile auf so einen Sitz trete: Er geht kaputt. Und so haben die Zuschauer zwar die Bänke kaputtgemacht, aber Schuld hatte die Polizei.“

Soweit Zeitzeuge Gerhard Rassel.

Beim Berlin-Ersatzauftritt der Beatles in Essen dabei war Hans-Joachim Dahms, einer der wenigen Berliner, denen das damals vergönnt war – er schreibt uns:

Von der Beatlemania hatte ich schon was mitbekommen, als ich von meinen Eltern 1962 und 1964 jeweils für einen Monat in ein englisch/deutsches Ferienlager in ein Internat in Broadstairs (Kent) geschickt wurde. Zu den Betreuungspersonen gehörte übrigens Johannes Rau, der dort Morgenandachten hielt und gut Witze erzählen konnte.

Das Konzert in Essen fand ich nicht besonders überwältigend. Auch das Gekreische der weiblichen Fans konnte nicht mithalten mit dem Theater in unserem Feriencamp in Kent, wenn abends Beatles-Songs aufgelegt wurden. Ich war damals allerdings schon zu den Rolling Stones umgeschwenkt.“
 

Diesen Checkpoint haben außerdem Daniel Böldt und Lorenz Maroldt gerockt. Antje Scherer hat die Stadtleben-Bühne aufgebaut und Jasmine Dellé den morgendlichen Soundcheck gemacht. Morgen groovt hier Daniel Böldt.

Ihr Stefan Jacobs

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