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Spielt Berlin in einer Liga mit New York, Dubai & Co?Oldtimerparade muss Al-Quds-Marsch weichenInterview mit Innensenator Geisel

ich war noch niemals in New York – und Sie? Brauchen Sie auch gar nicht. Berlin hat’s endlich geschafft. Im Jubiläumsjahr – 100 Jahre Groß-Berlin – stehen wir in einer funkelnden Reihe mit: Big Apple, Singapur und Dubai. „Wir spielen in einer Liga“ mit denen, sagte Burkhard Kieker, Chef von Berlins Tourismusagentur „Visit Berlin“, am Freitag bei der Vorstellung der Tourismusbilanz für 2019. Bling, bling! 

13,96 Millionen Besucher schliefen im vergangenen Jahr in den Hotels, Hostels und Pensiönchen der Hauptstadt, 3,4 Prozent mehr als 2018. Neuer Rekord – und der Babypanda-Boom kommt ja erst noch! Für die deutsche Konkurrenz aus Hamburg und München hatte Kieker übrigens schlechte Neuigkeiten im Reiserucksack: Berlin hat so viele Übernachtungen wie seine Nord- und Südvorstadt zusammen. Da kiekste. Aber spielt Berlin wirklich in einer Liga mit New York, Dubai, Singapur? Wollen wir das?

Wir machen den exklusiven Checkpoint-Test und wagen zuerst den großen Kaffeepreisvergleich. Der ist (nach dem Big-Mac-Index) ja eines der gehaltvollsten Indizien fürs Wohlbefinden im Urlaub. Hier spricht der (Durchschnitts-)Preis:

Dubai: 4,15 Euro
New York: 2,87 Euro
Singapur: 2,15 Euro
Berlin: 1,87 Euro

Checkpoint-Fazit: Berlin spielt zweitklassig, Dubai in der Champions League. Die Transfersumme für einen lauwarmen Schluck Airport-Kaffee in den Emiraten wirkt ähnlich unanständig, wie die niedrigen Gehälter der zehntausenden Gastarbeiter. Am Dubai-Berlin-Vergleich verbrühen sich nicht nur Kaffeetrinker die Schnute.

Wie sieht es mit der Artenvielfalt aus? Wer in eine andere Stadt reist, will schließlich, dass dorttierisch was losgeht. Unser Flauschvergleich:

Berlin (Zoo und Tiergaren): 1373 Tierarten
New York (Bronx Zoo): 600 Arten
Singapur (Singapore Zoo): 315 Arten
Dubai (Dubai Zoo): 230 Arten

Checkpoint-Fazit: Wir kaufen ein BVG-, kein Flugticket und gehen später nach Berlins Pandapläsierchen Pit und Paule gucken. Zugegeben: Wir spielen Foul in dieser Kategorie. Zoo (West) und Tierpark (Ost) geben ihre Artenzahl gemeinsam an. Das haben wir uns nach 28 Jahren geteilte Stadt (und halber Vielfalt) aber auch verdient…Berlin ist (auch ohne T-Rex Tristan) Champions League!

Zum Schluss checken wir die Besuchermillionen. Kann Berlin tatsächlich mit den Blingbling-Metropolen mithalten? Ja, nein, ich mein: Jein.

New York (2018): 65.2 Millionen Touristen
Singapur (2018): 18,5 Millionen
Dubai (2018): 15.92 Millionen
Berlin (2019): 13.96 Millionen

Checkpoint-Fazit: Vielleicht müssen Sie (und ich) doch nach New York: Touristen gucken! Berlin ist Brandenburg verglichen mit dem US-amerikanischen Big City Life. Eine Liga? Denkste. Wir hören Klaus Wowereit sagen: Und das ist auch gut so.

Immerhin: Der Berliner Senat sieht’s ähnlich und will Berlin-Touristen besser verteilen. Visit-Berlin-Chef Kieker schielt auf den Stadtrand. Er will: „Betten im Grünen“. Die tourismuspolitische Sprecherin der Linken, Katalin Gennburg, sagt dem Checkpoint, was sie sich unter „im Grünen“ vorstellt: ein „Bett im Kornfeld“. Meint: Campingplätze an Spree, Wannsee und Havel. Da ist noch immer was frei.

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Kommen Sie gut durchs Wochenende und denken Sie dran: Bling-Bling gibt’s anderswo! Am Montag begrüßt Sie hier wieder Lorenz Maroldt mit Sinn und Unsinn aus der Reality-Soap „Berlin“.

Ihr Julius Betschka

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