Raus aus der ollen Leichtathletikschüssel! Warum ein neues Hertha-Stadion in Berlin richtig ist

Das überdimensionierte Olympiastadion ist von gestern. Ein Neubau auf dem Maifeld wäre ein Schritt in eine blühende Hertha-Zukunft. Ein Checkpoint-Kommentar von Robert Ide.

 Raus aus der ollen Leichtathletikschüssel! Warum ein neues Hertha-Stadion in Berlin richtig ist
Foto: Matthias Koch/Imago

Gerade ist ja in Berlin nicht nur der Himmel blau-weiß. Und im Fußball gibt es immer zwei Halbzeiten. Da wir beim Tagesspiegel und im Checkpoint gerne im Binnenplural schreiben, kommt hier nach dem gestrigen Contra meines Kollegen Julius Betschka gegen ein neues Hertha-Stadion (Text und unentschiedene Umfrage hier) nun von mir ein Pro – mit HaHoHerzlichen Grüßen aus der Ostkurve:

Alle Klubs der Bundesliga spielen in modernen Fußballarenen, nicht in ollen Leichathletikschüsseln. Dauermeister BFC Bayern langweilt die Liga längst nicht mehr im Münchner Olympiastadion, in das Zentralstadion in Leipzig wurde die neue Fußballarena geschickt hineingebaut. Und Hertha will eine neue Arena komplett selbst bezahlen, die Infrastruktur am Olympiastadion mit U- und S-Bahn ist bereits vorhanden, der öde Olympiapark wäre endlich etwas belebter, Berlin braucht sowieso mehr moderne Sportstätten.

Natürlich sollte jede Stadtentwicklung einen besonders sensiblen Blick auf den Umwelt- und Klimaschutz haben, für nachhaltigere Stadien kann sich auch im Fußball noch mehr drehen. Aber wird damit das großflächige Gelände versiegelt – auf einem derzeitigen Reitsportfeld? So bringt man die Fans auf jeden Fall zum Rasen.

Und was wäre die Alternative? Kann man einer der traditionsreichsten und größten Vereine der Stadt zwangsverpflichten, für immer in einem für einen Fußballklub finanziell und atmosphärisch selten rentablen Stadion zu spielen, nur weil das Land damit nichts anzufangen weiß? Nebenbei kostet das auch jede Saison Punkte, wozu es Studien gibt. Und für die Stadt lockt ein durchaus guter Deal: Dass beide Stadien womöglich zusammen vermarktet werden und Hertha bei großen Spielen weiter im Olympiastadion heimgastiert – so wie der toll aufspielende 1. FC Union zuletzt im Europapokal.

Jahrelang hatte der alte Senat gebremst (etwa mit Hinweis auf den Denkmalschutz für von den Nationalsozialisten entworfene Sichtachsen zum Aufmarschplatz Maifeld) und Hertha sich mal wieder kommunikativ selbst verhakt. Nun kommt dank vieler aktiver Fans und des neuen Senats von Franziska Giffey (SPD) neue Bewegung aufs Feld. Und das kann für die Sportmetropole, die Berlin auch ist, nur richtig sein.

Denn das gibt es ja nirgendwo sonst: dass einem Traditionsverein der eigene Stadionbau faktisch von der Stadt verunmöglicht wird. Union erlebt das auch gerade mit dem gewünschten Ausbau der Alten Försterei, wo Berlin mit der Verkehrsplanung in Köpenick nicht hinterherkommt. Und in Brandenburg spielen will Hertha nun auch nicht – schon allein, weil alle Sportkommentatoren des Landes den Berliner Sportclub allzu gerne unnötig mit dem Zusatz „Hertha BSC Berlin“ versehen.