Politisch ein Desaster und menschlich eine Schande

Die Bundesregierung bringt deutsche Botschaftsangehörige hastig außer Landes – und lässt ihre afghanischen Helfer mit viel Bürokratie dabei allein. Ein Kommentar. Von Lorenz Maroldt

Politisch ein Desaster und menschlich eine Schande
Das Handout der Bundeswehr zeigt den letzten A400M, der vom Feldlager in Masar-i-Scharif Richtung Deutschland flog. Damit war der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan beendet. (Archivbild) Foto: Torsten Kraatz/picture alliance/dpa/Bundeswehr

Was gerade in Afghanistan passiert, ist politisch ein Desaster und menschlich eine Schande:

22.500 Liter Bier, Wein und Sekt schleppten die deutschen Soldaten unter dem Kommando von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bei ihrem Abzug nach Hause – aber ihren afghanischen Helfern hinterließ die Bundesregierung einen Pflichtkurs in Berliner Bürokratie: Antragsberechtigt für die Einreise nach Deutschland war nur, wer

+ eine „individuelle Gefährdung“ nachweisen konnte (wie wäre es mit einem von den Taliban beglaubigten Eintrag in eine Todesliste?)  

+ in den vergangenen zwei Jahren für die Bundeswehr tätig war (von insgesamt zwanzig)

+ nicht über ein Subunternehmen den deutschen Soldaten zu Diensten war (Outsourcing in seiner perfidesten Form)

+ nicht für die deutsche Entwicklungshilfe oder andere Organisationen tätig war (gilt der Bundesregierung offenbar als „Gedöns“).

Aber auch wer das alles belegten konnte, hatte es noch längst nicht geschafft: Die Flugtickets für sich und ihre Familien sollten die Helfer gefälligst selbst bezahlen – doch dafür reichte es bei vielen nicht.

Noch bis vor kurzem galt die Devise: Dann sollen sie eben ins sichere Kabul gehen – da kommen die radikalen Islamisten schon nicht hin.

Lesen Sie weiter mit Tagesspiegel Plus

Nie waren verlässliche Informationen wichtiger

Exklusive Inhalte für
Tagesspiegel Plus-Leser

Der preisgekrönte
Tagesspiegel Checkpoint

Ohne Risiko:
Jederzeit kündbar

Schon Digital-Abonnent? Hier anmelden