Bedeckt bei max. 9°C

Aufruf zum „Vergewaltigungstag“: TikTok-Trend beunruhigt SchulenAula-Charme beim Bündnis Sahra WagenknechtSenat feiert sich selbst

Anzeige

der Brief erreichte die meisten Berliner Schulen gestern am frühen Nachmittag, Absenderin: Senatorin Katharina Günther-Wünsch. Sie wende sich heute an die Schulleitungen, an Kolleginnen und Kollegen, „um Sie über einen verstörenden TikTok-Trend zu informieren“. Der heutige 24. April sei als „National Rape Day“ bekannt und könne Auswirkungen auf das Miteinander in Schulen haben, heißt es in dem Brief, der dem Checkpoint vorliegt. „Ich halte es für wichtig, dass Sie an Ihren Schulen Vorkehrungen treffen, um die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten.“

Im April 2021 sei erstmalig in einem TikTok-Video zum sogenannten „National Rape Day“ aufgerufen worden, einem „Nationalen Vergewaltigungstag“. In dem (mittlerweile gelöschten) Video sei dazu ermutigt worden, am 24. April „junge Frauen und Mädchen ohne ihre Zustimmung anzufassen und zu belästigen“. Zudem sei suggeriert worden, dass solche Handlungen an diesem Tag straffrei blieben – was selbstverständlich falsch ist. „Aktuell wird diese Falschmeldung erneut vermehrt von TikTok-Nutzern aufgegriffen und findet u.a. in Chats Verbreitung an Schulen“, schreibt die Senatorin.

Dass der Brief so kurzfristig verschickt wurde, sei sehr unüblich, sagte Norman Heise, Sprecher des Landeselternausschusses, dem Checkpoint am Abend. „Ich weiß nicht, wie viele Schulleiter das noch gesehen haben und entsprechende Maßnahmen einleiten konnten.“ Maßnahmen könne so kurzfristig ohnehin nur bedeuten: mehr Wachsamkeit und Informationen im Unterricht.

„Ich habe mich sofort mit Schulsozialarbeitern, den Kollegen von der Schulstation und Kinder- und Jugendpsychologin zusammengesetzt“, sagte Karina Jehniche, Vorsitzende Schulleitervereinigung IBS, dem Checkpoint. Sie habe dann das Kollegium an ihrer Spandauer Morgenstern Grundschule informiert. „Kollegen, die Schulaufsicht haben, sollen besonders schauen: Was machen die Kinder? Gerade auch an den Büschen bei uns im Schulhof und sie sollen auch die Toiletten im Blick behalten.“

Landeselternsprecher Heise ist nicht sicher, ob das Phänomen wirklich so groß ist. „Es gab einige Rückmeldungen von Jugendlichen, die es auf TikTok wahrgenommen haben, aber es war die deutliche Minderheit“, sagt er.

Was können Eltern tun? „Wenn es ihnen jetzt noch möglich ist, können Eltern ihre Kinder darauf hinweisen, dass sie noch aufmerksamer sein sollen“, sagt Heise. „Und sich Hilfe holen, wenn ihnen etwas merkwürdig vorkommt.“

Warum der Brief erst so kurzfristig verschickt wurde, war am Abend nicht zu erfahren. Auch nicht, ob es einen konkreten Auslöser dafür gab. Auf eine Checkpoint-Anfrage antwortet die Senatorin nicht mehr.

Eine Schande, dass uns ein paar irre TikToker mal wieder die guten Nachrichten versaut haben, denn eigentlich sollte der Checkpoint heute so losgehen:

Wenn Sie wie ich auf Zahlen stehen (keine Sorge, heute wird nicht gerechnet), hier eine kleine Freude zum Start in den Tag:

Heute ist der 24.4.2024.

Grüße gehen raus an den Mann, den ich vor genau 20 Jahren in meiner ersten WG in Schöneberg kennengelernt habe.

Damals wurde die Stadt noch von Klaus Wowereit regiert, im rot-roten Senat mit Thilo Sarrazin, Ehrhart Körting, Klaus Böger, Peter Strieder & Co. wurde gespart „bis es quietscht“. Mit Schrecken erinnern sich viele an diese finanzielle Phase zurück. Dass die Situation jetzt womöglich noch schlimmer wird, traut sich derzeit kaum jemand auszusprechen. Die Fachleute sind sich einig, dass die jetzt beschlossenen zwei Prozent Einsparungen pro Ressort das Problem bestenfalls vertagen. Finanzsenator Stefan Evers (CDU) deutet nur an, wie er die Lage sieht: „Berlin muss lernen, mit weniger Geld und weniger Personal besser zu funktionieren.“ Oder wie es andere ausdrücken würden: Sparen, bis es quietscht.

Evers’ Satz stammt aus der Bilanz-Pressemitteilung, die der Senat gestern anlässlich des ersten schwarz-roten Jubiläums verschickte. Fürs Jubelfoto standen die Senatorinnen und Senatoren auf der untersten Stufe der langen Treppe des Roten Rathauses, Blick hinaus, und hielten ein Plakat mit der Aufschrift „Die Richtung stimmt.“ Wer sagt’s ihnen?

Zur tieferen Betrachtung der Jahresbilanz empfehle ich Ihnen unseren Checkpoint-Podcast („Ist das der beste Senat aller Zeiten?“) und den radioeins Kommentatoren-Talk, bei dem ich am Sonntag zu Gast war (hier geht’s zur Aufzeichnung). Happy Birthday! (dem Senat und Marco Seiffert)

Lesen Sie heute im Checkpoint für Abonnenten:

+ Wegners Machtwort: Wie es in Sachen Enteignung weitergeht (oder auch nicht).

Noch mehr Quietschen: Bekommen Berliner Trams bald Airbags?

Model in der Verwaltung: Warum der Queerbeauftragte des Landes Werbung für Haarprodukte und Ferrero macht.

Eine exklusive Verlosung für die Premiere des neuen Musicals „Ku’Damm 59 (reguläre Karten ab 67 Euro).

+ Die allzeit grandiosen „Berliner Schnuppen“ von Naomi Fearn.

+ und glückliche Checkpoint-Autorinnen.

Testen Sie die Checkpoint-Vollversion jetzt sechs Wochen lang für nur 1 € und erhalten Sie alle Tagesspiegel Plus-Artikel dazu. Außerdem im Paket enthalten: Alle zwölf Bezirks-Newsletter in der Vollversion.

Unterstützen Sie unseren Journalismus mit hohem Anspruch und viel Humor. Damit wir auch morgen noch unabhängig arbeiten können.

„Soll Raed Saleh Chef der SPD-Fraktion bleiben?“, fragten wir Sie gestern an dieser Stelle. Das (nicht repräsentative) Ergebnis ist ähnlich vernichtend wie die Wahl zum Landesvorsitzenden: Nur 7 Prozent stimmten mit „Ja“, 8 Prozent sagten „Ja, aber nur in einer Doppelspitze“, die große Mehrheit von 85 Prozent sagt ganz klar: Nein.

Schwierige Tage für den einst so starken Mann der SPD. Wer hält noch zu Saleh? Dieser Frage geht meine Kollegin Anna Thewalt nach. Zwischenfazit: Es gibt sie noch, die Unterstützer, aber sie werden weniger.

Aula-Charme gab es gestern Abend beim „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) in Lichtenberg. Rund 600 Menschen versammelten sich zum ersten Berliner „Unterstützer-Treffen“ in einem etwas in die Jahre gekommenen Saal unter der Tribüne der Trabrennbahn in Karlshorst. Die Rednerliste war mit den ehemaligen Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dağdelen, Amira Mohamed Ali und Fabio di Masi prominent besetzt. Nur die Namensgeberin fehlte. Die habe aber immerhin „hier lange gelebt“, raunte Norman Wolf, BSW-Bezirkspolitiker aus Lichtenberg, den Anwesenden von einem kleinen Holzpult aus zu. Also in Karlshorst, nicht auf der Trabrennbahn.

Zu hören bekamen die Gäste die bekannte Melange aus treffender Kritik an den Cum-Ex-Erinnerungslücken des Kanzlers, etwas uninspirierten Sozialforderungen (Benzinpreisdeckel) und ganz viel Schwurbelei zum Ukraine-Krieg (Deutschland führe dort einen „Stellvertreterkrieg“ für die USA).

Welches prominente Mitglied sich noch für Berlin präsentierte, lesen Sie heute im Checkpoint für Abonnenten.

Der Start des 29-Euro-Tickets hat begonnen (Kommentar hier). Bezeichnend: Nicht mal die Verkehrssenatorin wollte offenbar mit dem Ticket fotografiert werden.

Und wie halten Sie’s? Deutschland oder Berlin?

Umfrage 29-Euro-Ticket

Und noch ein paar Leseempfehlungen:

+ Antisemitismus, Volksverhetzung und Pro-Palästina-KongressBezirksamt Berlin-Kreuzberg schließt zwei Jugendzentren

+ „An fast jedem Wochenende“: Vandalismus und Schmierereien sorgen für Ärger in Babelsberg

+ Auslastung des Berliner Nahverkehrs: In diesen Bussen und Bahnen ist es am vollsten

Telegramm

In weniger als zwei Monaten beginnt die Fußball-EM der Männer (Eröffnungsspiel Deutschland-Schottland am 14. Juni), so langsam kommt die Stadt in Stimmung (zumindest verkehrlich): Die Straße des 17. Juni ist für drei Monate gesperrt – und das liegt nicht daran, dass der Pokal ab heute für zwei Tage in Berlin ist.

Letzte Chance: Heute können sich Schülerinnen und Schüler ab Klasse 5 noch anmelden für Boys & Girls Day (alle Infos hier) Es geht darum, Berufe kennenzulernen, die für das jeweilige Geschlecht eher untypisch sind (Ausbildungsquote unter 40 Prozent). „Beim Girls Day sind es die MINT-Berufe, auch Führungspositionen und Firmengründung“, sagt Berlins Landeskoordinatorin Almut Borggrefe. „Beim Boys Day geht es um Berufe in Gesundheit, Erziehung und Verwaltung.“

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Führungsposition rockt, girls!

Außerdem heute im Telegramm (für Abonnenten):

+ 112 Bachelor – verteilt die Feuerwehr jetzt Rosen?

+ „Grundschuld zu 5000 Goldmark mit 3 % Zinsen jährlich“ – Goldrausch im Amtsblatt

+ Nach Sprengung von Geldautomaten: Warum gibt’s keine Farbpatronen mehr?

Nach der Farbattacke aufs Brandenburger Tor im September 2023 (Schaden: 110.000 Euro) wurden die Aktivisten der selbsternannten Letzten Generation gestern zu Bewährungsstrafen verurteilt. Es handele sich dabei nicht um „geeigneten oder angemessenen Protest“, sagte Richterin Christine Mathiak. Die Aktivisten wollen dagegen, na klar: protestieren.

Die Einrichtung der Berliner Schattenverwaltung (Checkpoint vom 15.4.) schreitet unaufhaltsam voran, diese Woche als verlustig gemeldet (Amtsblatt): Ein Dienstsiegel vom BA Treptow-Köpenick, Serviceeinheit Personal und Finanzen. Beschreibung: „Farbdruckstempel (Gummistempel), Durchmesser: 13 mm, Umschrift: Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin“. Sollten Sie dieses oder andere Dienstsiegel „gefunden“ haben – verraten Sie uns doch mal, was Sie damit vorhaben. Einzusenden an checkpoint@tagesspiegel.de (Stempel nicht nötig).

Der Gyncast wird berühmt! Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe am Vivantes Auguste-Viktoria Klinikum und dem Klinikum Neukölln, ist der Star unseres Podcasts „Gyncast“. Gemeinsam mit Esther Kogelboom und Anna Kemper führt sie seit fast genau vier Jahren durch die wichtigsten Stationen im Leben einer Frau. Am Donnerstag ist Mandy Mangler zu Gast in der Talkshow von Markus Lanz. Und eine „Gyncast“-Sonderfolge zum Thema Abtreibung gibt es gleich noch obendrauf.

Zitat

„Die Aussicht auf ein gutes Leben schwindet.“

Simon Schnetzer, Herausgeber der Trendstudie „Jugend in Deutschland“, die unter anderen zum Ergebnis kommt, dass 22 Prozent der jungen Menschen AfD wählen würden.

 

Kiekste

Subtil muss er sein, der Humor, damit wir hier ausnahmsweise auch mal nach Brandenburg schalten. Oink oink & vielen Dank an Leser Steffen Kluge, der in Kleinmachnow unterwegs war. Weitere „schweinische“ Bilder, vor allem aus Berlin, erreichen uns jederzeit per mail: checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.

>

Berliner Gesellschaft

Geburtstag Clemens Binninger (62), ehem. Politiker (CDU) und Polizeibeamter / Palkó Dárdai (25), ungarisch-deutscher Fußballspieler bei Hertha BSC / „Sabine & Matthias senden dir, lieber Mario Drews, alles Gute zum 60. Geburtstag und wünschen dir eine großartige Feier mit der Familie und all den Freunden, die du noch magst.“ / Dennis Habedank (35), ehem. Schauspieler, u.a. in der Kinder- und Jugendserie „Schloss Einstein“ / Ellen Haußdörfer (44), SPD-Politikerin und Staatssekretärin für Gesundheit und Pflege in der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege / Veit Helmer (56), Filmregisseur und -produzent / Thomas Jentsch (71), Professor am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) / Anne Kaiser (37), Fußballspielerin, ehem. beim SC Sand / Sebastian Klussmann (35), Quizspieler, Redner und Autor, bekannt aus der ARD-Quizsendung „Gefragt – Gejagt“ in der Rolle des „Jägers“ / Pamela Rosenberg (79), Musikmanagerin und ehemalige Intendantin der Berliner Philharmoniker / Georg Schertz (89), Jurist und ehemaliger Berliner Polizeipräsident (1987-1992) / Marco Seiffert (53), Radio- und Fernsehmoderator, u.a. für „radioeins“ / Franco Stella (81), Architekt des Berliner Schlossneubaus / Petr Štochl (48), ehem. tschechischer Handballspieler bei den Füchsen Berlin / „Prof. Dr. Volker Strunz (80), Mund-Kiefer-Gesichtschirurg“
Nachträglich zum 23. April: „Alles Liebe und Gute zum Geburtstag meiner lieben starken Freundin MarTina und engagierten Kommentatorin bei ‚WIR FRAGEN – SIE ANTWORTEN‘: ganz viel Lebensfreude bei deiner 2. Staffel.“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Dr. Ursula Hell, geb. Woelm, * 17. August 1923 / Wolfgang Lehmann, Pfarrer / Dietrich Markgraf, * 26. Dezember 1947 / Ingraban Dietmar Simon, * 14. April 1938

Stolperstein – Alice Scherk kam am 11. Februar 1888 in Frankfurt am Main zur Welt. Sie absolvierte eine musikalische Ausbildung in Gesang und Klavier. Mit ihrem Ehemann, Ludwig Scherk, leitete sie das Unternehmen „Scherk“, das hochwertige Parfüme und Kosmetikartikel herstellte, mit Geschäften u.a. in Berlin, Paris und New York. Aufgrund des zunehmenden Antisemitismus in Deutschland beging Alice Scherk heute vor 90 Jahren Suizid. Auf der Mozartstraße 10 in Lankwitz erinnert ein Stolperstein an sie. Ludwig Scherk emigrierte 1938 nach London und starb dort 1946.

Encore

Ist das Kunst oder kann das weg? Das fragt man sich bei so einigen Fundstücken von Mixer bis Matratze, die auf Berlins Straßen (oft vergeblich) neue Besitzer suchen. Dabei ist es doch nur der verzweifelte Versuch einer großstädtischen Kreislaufwirtschaft! Aber, nun ist es offiziell: Die Banausen haben gewonnen. Das Amtsblatt vermeldet: „Der beim Amtsgericht Charlottenburg im Vereinsregister eingetragene Verein Anti Wegwerfgesellschaft e. V. (Aktenzeichen VR 32873 B) ist durch Beschluss der Mitgliederversammlung vom 7. Dezember 2023 aufgelöst.“

Gar nicht für die Tonne war die Recherche von Daniel Böldt, Reinhart Bünger, Alexander Fröhlich, Margarethe Gallersdörfer, Christian Latz und Florian Schwabe. Sophie Rosenfeld hat stilvolle Häppchen serviert(Stadtleben) und Lea-Marie Henn in der Früh alles appetitlich angerichtet (Produktion). Morgen recycelt hier Christian Latz, was er auf den Straßen Berlins so findet.

Bis bald!

Ihre Anke Myrrhe

Berlin braucht guten Journalismus!

Finden Sie auch? Unterstützen Sie uns!
JETZT GRATISMONAT STARTEN

Seit 2014 berichten wir exklusiv aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stellten Berlins marode Schulen vor, bis die Politik reagierte. Wir standen vor dem Bürgeramt, bis es wieder Termine gab. Wir recherchieren hartnäckig und gründlich.

Das finden Sie gut? Dann unterstützen Sie uns mit dem neuen Tagesspiegel Plus-Abo! Für 14,99 € im Monat erhalten Sie den ungekürzten Checkpoint-Newsletter, den Checkpoint am Wochenende und das Beste vom Tagesspiegel im Web und in der App. Und Sie ermöglichen uns, auch weiterhin vor Ort zu sein, genau hinzuschauen und unabhängig zu bleiben. Die Anmeldung dauert nur eine Minute. Wir würden uns freuen!