beinahe hätte an dieser Stelle gestanden: Glückliche Briten – jetzt haben sie zumindest Klarheit über den Brexit, während wir in Berlin wie bestellt und nicht abgeholt darauf warten, was Rot-Rot-Grün so unterm Mietendeckel zaubert. Denn erneut hat sich die Koalition nicht einigen können. Doch das Thema Brexit kocht trotz Verständigung mit der EU weiter. Und somit ist kein Grund für Neid auf die Freunde von der Insel.
Immerhin: Die Erklärungen, mit den sich Vertreter von Rot-Rot-Grün nach sechseinhalbstündiger Sitzung des Koalitionsausschusses zu Wort meldeten, würden auch ganz gut zu Brexit-Verhandlungen passen: „Wir sind einer Lösung sehr nah, brauchen aber noch Berechnungen für letzte Details“ (Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek), „Ich bin guter Hoffnung, dass es eine Einigung gibt (ihr SPD-Kollege Raed Saleh), „Wir sind kurz vor einem Abschluss“ (Grünen-Wirtschaftssenatorin Ramona Pop). Um 13 Uhr treffen sich heute alle nochmal zum Weiterverhandeln.
Geeinigt hat sich die Koalition darauf, sogenannte Wuchermieten zu kappen. Laut Vorschlag der SPD ist es Wucher, wenn Preise 20 Prozent über dem Mietspiegel von 2019 aufgerufen werden. Unstrittig ist ferner, dass 2020 ein fünfjähriger Mietenstopp in Kraft tritt. Eine Absenkung der Miete für den Fall, dass 30 Prozent des Haushaltseinkommens fürs Wohnen draufgehen, wird es allerdings wohl nicht geben – darauf haben vermutlich die meisten Vielzahler gehofft. „Ein pauschales Absenken hätte vor Gericht keinen Bestand“, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Abend im RBB-Fernsehen. Ungeklärt ist die Frage geblieben, auf welcher Höhe die Mieten gedeckelt werden. Stand 2013, wie bisher von Grünen und Linken gefordert – oder auf den Mittelwert des jüngst veröffentlichten Mietspiegels 2019 (SPD)? Vermutlich irgendwo in der Mitte. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) soll jedenfalls bis heute Mittag nochmal nachrechnen.
Eine schöne, neue Wortklingelei hat sich die Koalition auch ausgedacht: den „atmenden Mietendeckel“. Gedacht ist an einen festen Prozentsatz, um den sich der Deckel hebt, der aber erst in zwei oder drei Jahren wirksam wird. Und wo es noch niedrige Bestandsmieten gibt, soll es beispielsweise die Möglichkeit geben, bei Neuvermietungen einen Aufschlag von einem Euro pro Quadratmeter draufzupacken. Hoffentlich kriegt da keiner Schnappatmung.
Derweil rüstet sich die Immobilienwirtschaft zum Gegenschlag – vor allem via Facebook. Wie das Onlinemagazin „Telepolis“ berichtet, plant der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW eine große Socia-Media-Kampagne. Eingesetzt werden soll dabei das sogenannte Geo-Targeting, mit dem eine Zielgruppe standortgenau angesprochen wird, etwa die Bewohner einer Stadt oder eines Stadtviertels. Das läuft über die IP-Adresse des Computers, mit dem jedes Gerät im Netz identifizierbar ist. Auch Politiker sind im Visier: Sie könnten über Targeting-Daten wie Ort, Alter, Geschlecht, Interesse an Leitmedien und Parteien zielgenau anvisiert werden, schreibt das Magazin, um ihnen bestimmte Botschaften auszuspielen – etwa, dass die Bürger letztlich keinen Mietendeckel wollten. Der GdW habe seine 3000 Mitglieder bereits zu Spenden aufgerufen, heißt es weiter. Mit einer Million Euro wären dann fast alle Facebook-Nutzer in den zehn größten Städten erreichbar für die „frechen, knappen, plakativen, aber immer sachlichen" Aussagen contra Mietendeckel.
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er nix erleben: Bei seiner Tour durch Friedrichshain-Kreuzberg am kommenden Dienstag wird der Senat zwar auch die kriminalitätsbelasteten Unruheherde Liebigstraße, Kottbusser Tor, RAW-Gelände und Görlitzer Park thematisieren. Laut vorläufigem Ablaufplan der Reise sind aber keine Stopps an Ort und Stelle vorgesehen. Dafür gibt es aber ein Gespräch in Räumen der Polizei. Vielleicht auch besser so: Als der Berliner CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger mal dem grünen Berlin-Basher Boris Palmer zeigen wollte, dass es noch viel schlimmer im Görli ist, als es sich der Tübinger OB vorzustellen vermag, da hatte angeblich die Polizei die Dealer kurz vor dem Besuch mal streng angeguckt. Zu sehen war dann keiner.
Während das Kammergericht mit Computerviren kämpft – Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) und Gerichtspräsident Bernd Pickel werden sich auf der nächsten Sitzung des Rechtsausschusses einige Fragen dazu anhören dürfen – hat es bei der Polizei vermutlich einen Datenmissbrauch gegeben. Dies legt zumindest ein internes Rundschreiben nahe. Das Justiziariat weist darin alle Mitarbeiter an, bei Verlassen des Arbeitsplatzes den Computer zu sperren („Windowstaste + L“), damit sich nicht Unbefugte daran zu schaffen machen können. In der Vergangenheit ist es immer wieder vorgekommen, dass Beamte die Datenbank der Polizei, genannt Poliks, für private Zwecke nutzten, um zum Beispiel an Infos über Nachbarn zu kommen. Von der Berliner Datenschutzbeauftragten gab es deshalb schon mal was auf die schlimmen Finger.
Ein junger Mann rennt vor der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße mit einem Messer herum, Polizisten müssen ihn überwältigen, später kommt er aber frei: Nicht nur bei jüdischen Berlinern stieß das Agieren der Sicherheitsbehörden auf Kritik. Jetzt kommt das späte Einsehen: „Man hätte die Tat vielleicht juristisch anders bewerten können, als dies geschehen ist“, sagte Innenstaatssekretär Torsten Akmann am Donnerstag bei einem Treffen mit dem Runden Tisch gegen antisemitische Gewalt. Er stellte sich damit gegen Vize-Generalstaatsanwalt Dirk Feuerberg. Der hatte das Ganze so verteidigt: „Eine bedrohliche Situation, die den Einsatz der Sicherungskräfte rechtfertigte, ist noch keine Bedrohung nach dem Strafgesetzbuch.“ Der junge Mann ist mittlerweile in der geschlossenen Psychiatrie.
Vorsicht, wenn Sie den Käfig Ihres Wellensittichs euphemistisch als „Vogelwarte“ oder das Meerschweinchengehege der lieben Kleinen als „Zoo“ bezeichnen. Das kann schnell teuer werden. Laut neuem Umweltschutz-Bußgeldkatalog (will der Senat nächste Woche mit diversen Verschärfungen beschließen, siehe CP vom Montag) könnten für die ungenehmigte Verwendung dieser Bezeichnungen bis zu 1500 Euro fällig werden. Gleiches gilt für „Tierpark“. Und wer denkt, dass Schnappi, das kleine Krokodil, vielleicht eine Bereicherung des örtlichen Naturschutzgebiets sein könnte – das Aussetzen von Viechern kann bis zu 30.000 Euro kosten. Weil der Regierende ja gerade in Singapur war: An einem ausgespuckten Kaugummi können in Berlin noch ein 55-Euro-Verwarnungsgeld oder gar ein Bußgeld in Höhe von 80 bis 120 Euro kleben. Kontrollen? Da kräht erst mal kein Hahn nach – sieht man ja auf dem Alexanderplatz, wo der Granitboden wegen unzähliger Klebminen aussieht wie das Fell einer Tüpfel-Hyäne.
Vom wichtigsten Platz im Osten zu seinem Pendant im Westen, dem Breitscheidplatz. Dort ist nach Meinung von mehreren Anrainern (unter anderem Waldorf Astoria, Hotel Palace, Bikini-Haus), der Tiefpunkt der Verwahrlosung erreicht. So steht’s jedenfalls in einem Beschwerdebrief an Innensenator Andreas Geisel (SPD). Im Mittelpunkt der Kritik: die „willkürliche Ansammlung von zum Teil defekten Sicherheitsinstallationen“. Nach dem Terroranschlag vor fast drei Jahren ist das Gelände mit hässlichen Lkw-Sperren, Pollern, Sandsäcken und Steinkäfigen gesichert worden. Michael Frenzel, Chef des Hotels Palace, beklagt stellvertretend für die anderen Geschäftsleute am Platz, dass sich trotz Zusagen des Innensenators nichts geändert hat. Stattdessen weite sich die Müllzone immer weiter aus. Frenzel: „Wir sehen den Mauerfall-Feierlichkeiten mit einer resignierten Gelassenheit entgegen, belassen es beim Fremdschämen und hoffen auf gnädig schlechtes Wetter.“ Da sollte sich Geisel aber mal schnell um gut Wetter bemühen.
Berliner Schnuppen

Telegramm
In manchen Ländern glauben sie wirklich, dass alle Deutschen auf David Hasselhoff stehen, Kein Wunder – mittlerweile scheint er hier seine zweite Heimat zu haben. Am kommenden Sonnabend ist er schon wieder da. Auf der Rathausbrücke in Mitte will er für einen Videodreh mit Trabi-Hupen hupen und Du-weißt-schon-welchen-Song spielen.
„Mir geht das permanente, anonyme Rumgehetze im Netz auf die Nerven“, sagt SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Anlass: Er hatte den Plan der AfD verurteilt, mit der Bundesgeschäftsstelle nach Spandau zu ziehen, woraufhin er massiv im Netz kritisiert wurde. Am heutigen Freitag ist um 17.30 Uhr im Tagesspiegel-Verlagshaus am Askanischen Platz Gelegenheit dazu, mit ihm persönlich darüber zu streiten. Anmeldung bitte bis 14 Uhr unter checkpoint@tagesspiegel.de.
Der Zug ist abgefahren: Der neue U-Bahnhof Rotes Rathaus wird keinen Zusatz „Nikolaiviertel“ bekommen. Bezirkspolitiker aus Mitte hatten sich auf Betreiben der Geschäftsleute im Kiez bei der BVG dafür eingesetzt. Touristen könnten sich so leichter zurechtfinden. Die BVG lehnte ab: Bahnhofsnamen müssten kurz und prägnant sein. Der Weg zum Nikolaiviertel werde aber selbstverständlich ausgeschildert.
Dafür soll Mitte zur kommunalen Wohnungsverwaltung werden: Zumindest die bezirklichen Grünen wollen, dass das Bezirksamt als Mitglied bei „Diese eG“ einsteigt (mit einem Genossenschaftsanteil von 100 Euro). Wegen des Erwerbs von Häusern durch die Genossenschaft in Friedrichshain-Kreuzberg gab es im Sommer einen Polit-Streit ums Vorkaufsrecht für Wohnungen.
In Pankow gibt es Ärger wegen Türstehern. Mehrere Brüder Grimm bewachen das Jobcenter, in dem sich auch die Jugendberufsagentur befindet. Deren Angebot richtet sich besonders an benachteiligte Jugendliche, die, so die Sorge von Bezirkspolitikern der Linken, von den Securityleuten abgeschreckt werden könnten. Ein Ausschuss berät nun darüber, ob die Sicherheit nicht auch diskreter gewährleistet werden könnte.
Es ist, wie es so schön heißt, eine Berliner Institution: Das Restaurant am Grunewaldturm. Jetzt ist es geschlossen worden. Über die Gründe und wie es weitergeht, schreibt Cay Dobberke in seinem „Leute“-Newsletter aus Charlottenburg-Wilmersdorf – erscheint heute, schnell zum zum kostenfreien Abo unter diesem Link.
In Berlin sprudeln bekanntlich die Steuereinnahmen. Manchmal schäumen sie auch – im übertragenen Sinn. Im Jahr 2018 hat die Stadt insgesamt 14,23 Millionen Euro aus der Biersteuer eingenommen (laut Antwort des Senats für Linkspolitiker Sebastian Schlüsselburg). 2009 waren es allerdings noch 16,23 Millionen.
Friedrichshain-Kreuzberg feiert sich für erfolgreiche Bügelbeteiligung. Radler*innen konnten online melden, wo sie noch Bedarf für neue Fahrradbügel sehen. 1200 Meldungen gingen ein – so steht’s im „Leute“-Newsletter aus dem Bezirk. Mit der Umsetzung soll es noch dieses Jahr losgehen.
Schlecht sieht es plötzlich für das Hochhaus am Bahnhof Warschauer Straße aus, in das Amazon einziehen will. Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) will das Baurecht widerrufen, weil der jetzige Entwurf stark von ursprünglichen Pläne abweiche. Außerdem hat die Bundeswehr ein Problem: Das 35-stöckige Gebäude stört ihre Radarsignale.
Termine auf dem Standesamt sind mitunter Mangelware in Berlin. Ausnahme: 31.10. von 18.30 bis 21 in Steglitz-Zehlendorf. Laut Mitteilung des Bezirksamts wird in dieser Zeit ein „ganz besonderes Trau-Erlebnis“ in der Hochzeitsvilla „Sidonie Scharfe“ geboten. Zwischen Spinnweben, Kürbisköpfen und bei Kerzenschein können sich Paare an diesem Abend das Jawort geben – schließlich ist ja Halloween. Infos (nicht nur für Horrorbräute) unter der Telefonnummer 030 90299-7575.
Über Anschlussprobleme am Ostkreuz berichtet die „Berliner Zeitung“: Mit etwas Verspätung erhält das Ostkreuz, einer der wichtigsten Bahnhöfe der Stadt, eine – Toilette! Anfang 2020 soll es soweit sein. Reisende dürften erleichtert reagieren.
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
"Liebe Genossinnen und Genossen"
(Egon Krenz in seiner TV-Ansprache nach seiner Wahl zum SED-Chef vor 30 Jahren. Nach diesen vier Worten hatte er in den Augen der meisten DDR-Bürger schon verloren. Denn 14,5 Millionen waren keine Genossen.)
Tweet des Tages
Da bauen sie in den Szenevierteln von Berlin superhippe Neubauten mit Eigentumswohnungen. Leider haben alle Wohnungsinhaber ihre Balkone so mit Müll vollgestellt, dass es von weitem so aussieht, als wenn die BSR eine mehrstöckige Sperrmüllannahmestelle betreibt.
Stadtleben
Essen & Trinken – An türkischen Restaurants mangelt es in Berlin nicht. Um sich abzuheben, so fanden Arzu Bulut und Lale Yanik, mussten sie also neben der Qualität mit ansprechender Optik punkten. Die Machart der gefüllten Weinblätter, des Hummus und Kisirs haben sie sich von zu Hause abgeguckt – nicht umsonst nennen die beiden ihr Restaurant Osmans Töchter. Angerichtet sind ihre Speisen in hochwertigen Pastellschüsseln, Pistazien und Petersilie werden im richtigen Maß als ansprechendes Topping verwendet. Nachdem ihr Konzept im Prenzlauer Berg aufging, beschlossen Bulut und Yanik, es in Charlottenburg zu versuchen. Seit diesem Monat gibt es also eine zweite, noch schickere Dependance in der Wielandstraße 38, nahe des Savignyplatzes. Für die haben sie sich Designerlampen aus Mailand angeschafft und Cocktails mit Raki („Istanbul Mule“) auf die Karte gesetzt. Tägl. 17-24 Uhr
Berlinbesuch – Der Tiergarten ist der Inbegriff dafür, dass auch mitten in der Großstadt die Natur Überhand nehmen kann. Man denke nur an den amerikanischen Sumpfkrebs, Waschbären und Wildschweine. Da wundert es einen auch nicht, dass der Tiergarten bei Pilzsammlern ein beliebt ist. Um schnell fündig zu werden, steuert man am besten die Wiesen zwischen der Spanischen Botschaft und dem Großen Stern an. Wem das Naturerlebnis hier dennoch zu kurz kommt, kann alternativ natürlich eine Pilzwanderung durch die Müggelberge im Köpenicker Stadtforst unternehmen. Egal, wo man seine Champignons und Waldpilze aber findet: Das Botanischen Museum bietet zur Pilzsaison eine kostenlose Pilzberatung an (Mo 13.30-16.30 Uhr, Mi & Fr 15.30-17.30 Uhr) – damit einem das selbstgesammelte Mahl auch wirklich wohlbekommt. Königin-Luise-Straße 6-8, U-Bhf Dahlem-Dorf
Geschenk – Wenn die Pilze aus eigener Sammlung im Botanischen Museum abgesegnet wurden, ist die nächste Station die heimische Küche. Da ist ein bisschen Inspiration nie verkehrt: Innovative Rezepte liefert Moritz Schmids Pilz-Guide „Into the Woods“ (Prestel Verlag, 32 Euro). Neben Tipps zum Pilzsammeln und Handwerkszeug zur Unterscheidung der Sorten, verrät der Autor und Pilzliebhaber auch, wie man Pfifferlinge auf Grillgurke oder gegrillte Steinpilze mit Wildkräutern und Mojo Verde zubereitet.
Last-Minute-Tickets ergattern Sie noch für die Premiere der feinsten „Lach- und Machtgeschichten zur Lage der Nation“ im Kabarett Distel. Der Anspruch des Ensembles, ganz im Wortlaut des Zeitgeistes: KabarettForFuture soll’s sein – somit lassen die Darsteller in der Friedrichstraße 101 kein Fettnäpfchen aus. Von der Genderdebatte, über Trump, Christian Lindner, bis hin zum Klimawandel und politisch korrektem Kinderfasching wird alles persifliert, alles wird ab 20 Uhr zum „Skandal im Spreebezirk“. Es gibt noch Karten ab 18 Euro. S/U-Bhf Friedrichstraße
Noch hingehen – Wer die Ausstellung „Shells“ von Künstlerin Kristina Weiss in der Galerie Sievi in der Gneisenaustraße 112 noch sehen möchte, sollte sich beeilen: Die Finissage beginnt heute um 19 Uhr, endgültig vorbei ist die Werkschau, die sich mit unseren naturgegebenen und sozial erworbenen „Hüllen“ auseinandersetzt, morgen um 17 Uhr. Dabei sind die Bilder von Weiss keineswegs „please don’t touch“-Gemälde – eine subjektive und intensive Auseinandersetzung der Betrachtenden mit ihrer Kunst ist also ausdrücklich erwünscht. U-Bhf Mehringdamm
Das Stadtleben zum Freitag von: Maria Kotsev
30 Jahre, 30 Tage
18. Oktober 1989, 22 Tage bis zum Mauerfall: Das Zentralkomitee wählt Egon Krenz als Nachfolger von Erich Honecker zum Generalsekretär der SED. Während sich an der Spitze des Staates die Ereignisse überschlagen, mahlen die Mühlen an Berlins Grenzübergängen heute extrem langsam. Besucher aus dem Westen müssen sich auf lange Wartezeiten einstellen. Mittendrin, am Übergang Bahnhof Friedrichstraße, ein Redakteur des Tagesspiegels. Nach zwei Stunden verliert er das Interesse an einer Einreise nach Ost-Berlin, wendet sich entsprechend an einen Grenzkontrolleur, um ihm mitzuteile, dass er wieder gehen möchte. Dieser fragt ihn wiederum: „Sie wollen also ausreisen?“ Nein, entgegnet der Befragte. Schließlich sei er ja noch nicht einmal eingereist. Nachdem er endlich seine Papiere wieder in den Händen hält, fragt er, ob das alles vielleicht mit Honecker zu tun habe. Darauf der Kontrolleur: „Damit hat das nichts zu tun, werden Sie nicht anmaßend.“

Quelle: Der Tagesspiegel, 19.10.1989
>Berlin heute
Verkehr – Die A10 ist in beiden Richtungen zwischen den AS Rüdersdorf und Erkner (bis Sonntag) gesperrt. Ebenso die Straße Am Kiesteich in Höhe Im Spektefeld (Staaken / Falkenhagener Feld), die Yorckstraße in Kreuzberg zwischen Katzbachstraße und Bautzener Straße (22 Uhr bis Montag 4 Uhr) und die Fontanestraße in Grunewald zwischen Hagenplatz und Am Bahnhof Grunewald (11-14 Uhr). Aufgrund des „Festival of Lights“ ist auch die Straße Unter den Linden (Mitte) zwischen Spandauer Straße und Charlottenstraße (18.30 bis 24 Uhr) gesperrt. Auf der Prenzlauer Promenade in Pankow steht zwischen Granitzstraße / Rothenbachstraße und Pasewalker Straße von 11 Uhr bis Montag um 5 Uhr nur eine Spur zur Verfügung. Genauso auf der Lennéstraße in Tiergarten von 7 Uhr bis Sonntagnachmittag zwischen Ben-Gurion-Straße und Eberstraße. Weil Rüfüs Du Sol in der Columbiahalle auftreten, kann es ab 19 Uhr zu Staus auf dem Columbiadamm zwischen Platz der Luftbrücke und Golßener Straße (Tempelhof / Kreuzberg) kommen. Und wegen der Gründermesse deGUT in der Arena Berlin kann zu Einschränkungen auf der Puschkinallee in Alt-Treptow kommen. Wir wünschen gutes Durchkommen!
Demonstration – Rund 100 Personen versammeln sich von 11-17 Uhr mit dem Justice Mission Deutschland e.V. am Potsdamer Platz vor der Historischen Ampel, um auf „Moderne Sklaverei“ aufmerksam zu machen. Am Pariser Platz zeigen 80 Leute von 13-18 Uhr „Solidarität mit Rojava“. Etwa 150 Menschen laufen für Fridays For Future vom Invalidenpark zur Hannah-Kaminski-Straße (13.15-13.50 Uhr). „Lasst die Stadt leuchten“ ist das Motto der Fahrrad-Demonstration des ADFC, an der 1000 Radfahrende teilnehmen und vom Potsdamer Platz über die Möckernstraße und den Pariser Platz zum Neptunbrunnen am Alexanderplatz fahren. Am Samstag versammeln sich rund 70 Personen Unter den Linden / Wilhelmstraße bei der „Pro EU-Demo“ in Solidarität mit dem gleichzeitig in London stattfindenden People’s Vote March. Beim „Walk for Freedom“ wollen 300 Teilnehmende auf Sklaverei aufmerksam machen und laufen dafür mit der Future Reminded Group von 12.30-14.30 Uhr vom Hardenbergplatz zum Kurfürstendamm. „Schluss mit dem türkischen Angriffskrieg in Nordsyrien und Solidarität mit Rojava“ fordern 2000 Menschen bei ihrer Demonstration vom Potsdamer Platz zum Pariser Platz (13-18 Uhr). Der Kreisjugendring Köpenick veranstaltet von 15-23 Uhr eine Nachttanzdemonstration vom Mandrellaplatz zum Mellowpark unter dem Motto „We take back the night – Schwingt die Hüften gegen Rechts!“. Zur „Demonstration für die Freiheit der katalanischen politischen Gefangenen“ versammelt der CDR Berlin von 16-19 Uhr rund 100 Personen und läuft mit ihnen von der Neuen Promenade am Hackeschen Markt zur Mohrenstraße. Und am Sonntag machen 200 Aktivisten am Pariser Platz von 11-16 Uhr auf „Klimawandel, Energiepolitik und Kernenergie“ aufmerksam.
Gericht – Zwei 57- und 39-jährige Männer müssen sich wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verantworten. Sie sollen mehrere funktionsfähige Schusswaffen illegal besessen und verwendet haben (13 Uhr, Kriminalgericht Moabit, Turmstraße 91, Saal 621).
Universität – Auch am zweiten Tag von „Grimms Grammatikwerkstatt“ an der HU finden von 10-14.15 Uhr Workshop zur Geschichte, Theorie und Praxis der „Deutschen Grammatik“ von Jacob Grimm statt. Der Eintritt ist frei. Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum, Geschwister-Scholl-Straße 1, S/U-Bhf Friedrichstraße
Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Gunter Campe (66), „Lieber Gunter Campe! Zum 66. Geburtstag wünscht dir dein Lieblingsnachbar alles Liebe und noch viele gemeinsame Aktivitäten. Wie du deine Krankheit meisterst, macht uns allen Mut.“ / Iris Hanika (57), Schriftstellerin / Robert Harting (35), ehem. Diskuswerfer / Eberhard Kipshagen (70), „Alles Liebe zum Runden und viel Spaß beim Genießen und Verbrauchen!“ wünscht Jana Kipshagen / Sabine Leetz, „Liebe Grüße von Lis und Gerd“ / Erik Niedling (46), Künstler / Michael Pan (67), Schauspieler und Synchronsprecher / Pola Roy (44), Schlagzeuger der Band „Wir sind Helden“ / Frank Schaff (54), Schauspieler und Synchronsprecher / Jennifer Ulrich (35), Schauspielerin / Daniela Weiß (46), „Dipl. Sozialarbeiterin, Alles Gute wünscht Jutta Wunderlich"
Sonnabend – Eva-Maria Hagen (85), Sängerin, Schauspielerin und Autorin / Martin Heckmanns (48), Schriftsteller, Bühnenautor und Dramaturg / Lothar Heinke (85), ehem. Chefreporter beim "Morgen", langjähriger Lokalreporter beim Tagesspiegel / Reiner Jäck (80), „Vater der Weingarten-Idee für Berlin! Alles Gute für ein weiteres aktives Lebensjahrzehnt! Die Berliner Gastronomie kann sich in der Wein-Kultur immer noch steigern! Dein Rainer Boldt“ / Jürgen Milewski (62), ehem. Fußballer / Marion Pinkpank (46), Moderatorin / Heide Schmidt, „Von Herzen gratuliere ich meiner Lieblings-Berlinerin. Möge Egon dir fortan ein zuverlässiger Schrittgeber sein. Alles Liebe, Barbara“ / Max Simonischek (37), Schauspieler / Eroll Zejnullahu (25), Fußballspieler
Sonntag – Thomas Birk (58), ehem. für die Grünen im AGH (2005-16) / John von Düffel (53), Dramaturg und Schriftsteller / Flora, „Alles Liebe für Flora von Carmen“ / Thorsten Karge (55), SPD-Politiker und Unternehmensberater / Heike Klüver (38), Sozialwissenschaftlerin / Wolfgang Kreve (53), Schauspieler / Gottfried Ludewig (39), CDU-Politiker, Chef der Abteilung für Digitalisierung des Gesundheitswesens im Bundesministerium für Gesundheit / Sonja Spuhl (42), Synchronsprecherin / Najem Wali (63), Schriftsteller
Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.
Gestorben – Silke Bernhard, * 12. Oktober 1994, Gründerin der Dahlem-Konferenzen / Karin Elfi Götze / Hartmut Ulrich, ehem. Lehrer an der Walter-Gropius-Schule
Stolperstein – In der Wrangelstraße 6-7 in Steglitz erinnert ein Stolpersetin an Henriette Breitbarth, die heute vor 136 Jahren in Czarnowanz, Oberschlesien geboren wurde und in Berlin in der Jüdischen Blindenanstalt lebte. Im November 1941 wurde sie gemeinsam mit den anderen Bewohnern der Einrichtung zunächst in das „Jüdische Blinden- und Taubstummenheim“ in Weißensee gebracht und ein Jahr später ins Lager Theresienstadt deportiert. Am 16. Oktober 1944 wurde Henriette Breitbarth nach Auschwitz verlegt und dort ermordet.
Encore
Seitdem die Berliner Stadtreinigung lustige Sprüche an Ihre Fahrzeuge schreibt („Tonnosaurus Rex“, „Feganer“, „Kehrrari“), hat das Unternehmen ein für alle Mal ein Saubermann-Image weg. Die BSR ist quasi der Günther Jauch der Kommunalbetriebe. Und genauso wie der Moderator bietet sie Entertainment auf allen Kanälen, zum Beispiel im „Tausch- und Verschenkemarkt“ im Internet. Manche Inserate sind schräger als eine Netflix-Serie. Eine Auswahl:
„Playboy-Shirt, grau und Stoffhose, alles Größe 38-40. Wenig getragen, in gutem Zustand an Selbstabholer, Tausch gegen 500 gr. Filterkaffee Dallmayr und 1 Paket Lebkuchen Herzen, Brezel“.
„Kühlschrankmagnete, Tausch gegen je 2 Tuben preiswertes Tomatenmark“.
„Leifheit Zwiebel-Hack-Dings, schön älter und gebraucht. Meiner Ansicht nach ist das Messer nicht mehr so dolle, zumindest beim Petersilie Hacken, Zwiebeln gehen noch gut. Mich nervt das Säubern!“
„Sofa mit Federkern und Schlaffunktion, (...) leider ist meinem Sohn die Apfelschorle auf die versenkbare Matratze gelaufen, daher sieht man Ränder, obwohl es ausgewaschen wurde. Gebe ein kleines Spannlaken dazu, dann sieht man es nicht“.
„Rind Lederband, 1 Meter, schwarz 4 mm x 4 mm Vierkant. Nagelneu! Habe mich im Internet verkauft! Muss Porto für Rücksendung tragen, lohnt nicht!“
Hoffentlich müssen Sie sich heute nicht verkaufen. Mit News aus erster Hand melden sich morgen Ann-Kathrin Hipp und Thomas Wochnik.
Eine schöne Restwoche,
