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Kein Wohnrecht für die HohenzollernBerlin gründet Forschungszentrum für KlimawandelCheckpoint will über Seehundbabys bloggen

heute geht‘s mal zur Abwechslung um Arbeiterpaläste und Preußenschlösser. Erstere hat sich der Senat jetzt zugelegt, indem er 670 Wohnungen an der Karl-Marx-Allee aufkaufen ließ. Über den Preis schweigt er allerdings majestätisch, was der Aktion laut CDU-Opposition die Krone aufsetzt. Dafür dürften es die Bewohner aber mindestens mit einem dreifachen „Vivat“ danken, dass sie die städtische Gewobag und nicht den „Du weißt schon wer“ unter den privaten Wohnungsunternehmern als neuen Vermieter bekommen haben.

Und bei den Preußenschlössern ist die Sache wohl jetzt so, dass die Nachfahren des letzten deutschen Kaisers (der mit dem Ersten Weltkrieg) doch keine Hand an Tausende Kunstwerke in öffentlichen Museen legen wollen. Nachdem Tagesspiegel-Kollege Thorsten Metzner über die Forderungen der Hohenzollern-Familie berichtet hatte, meldete sich jetzt deren Anwalt: Es sei das „primäre Ziel, die Sammlungen in den bestehenden Museen zu erhalten und der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich zu machen“. Seit 2014 laufen bereits geheime Verhandlungen der öffentlichen Hand mit dem früheren Herrscherhaus (CP vom Wochenende), weil es Streit um die Eigentumsverhältnisse gibt.

Eine wichtige Frage blieb jedoch ausgespart in der Erklärung des Juristen: die des Wohnrechts in Cecilienhof, Lindstedt und in der Villa Liegnitz. Das hatte Georg Friedrich von Preußen für seine Familie reklamiert. Für Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist die Sache klar. „Das sind keine Wohngebäude“, sagte er preußisch-nüchtern. „Auch nicht für die Hohenzollern. Weder kostenlos noch gegen Bezahlung.“ Es seien „Volksschlösser“ (nicht zu wechseln übrigens mit Vorhängeschlössern).

„My home is my castle“ denkt der eine oder andere bestimmt mit Blick auf die Mieten in Berlin – und hat mächtig Angst um seine Burg. Im Augenblick scheint es da eine Erholung zu geben, sagt ein Forschungsinstitut, und schließt kategorisch einen Irrtum aus: Auch in den 50 teuersten deutschen Städte gebe es deutlich sinkende Angebotsmieten. Dafür ziehen die Kaufpreise für Immobilen weiter an. Der Durchschnitt für eine Eigentumswohnung liegt bei 4000 Euro pro Quadratmeter. Allerdings wurde im vorigen Jahr eine Wohnung nahe dem Außenministerium auch schon für 21.500 Euro je Quadratmeter verkauft, bei einem Gesamtpreis von 7 Millionen.

Berlin, aber Sommerloch. Er ist zwar gerade erst 40 geworden, doch  junge Menschen wissen mit ihm nichts mehr anzufangen: dem Walkman. Im Sommer 1979 brachte Sony das erste Gerät auf den Markt und revolutionierte das Musikhören. Heute kann die Hälfte der 10- bis 18-Jährigen mit dem Walkman nichts mehr anfangen (laut Umfrage der Berliner Marktforscher von Bitkom Research). Noch bitterer sieht es für die Mini-Disc aus, die mal die Kassette ablösen sollte: 75 Prozent wissen nicht, was das ist. Und selbst beim Fax stehen schon 28 Prozent auf der Leitung.

Checkpoint-Abonnenten können sich zudem auf Folgendes freuen: Unsere Sommertipps -  Einkaufen, wo Berlin am türkischsten ist, Moonlight Bowling, Tipps für Picknick und Wildtier-Pirsch / Sawsan Chebli lädt Komiker Ingo Appelt ein / Die Deutsche Bahn ist in der Kreidezeit angekommen / Uber greift Berlkönig an. Hier geht's zum kostenlosen Probemonat.

Telegramm

Wird sie es oder wird sie es nicht? Ursula von der Leyen (CDU) will sich Dienstagabend gegen 18 Uhr zur EU-Kommissionspräsidentin wählen lassen. Egal wie das Ganze ausgeht – ihr Amt als Verteidigungsministerin legt sie am Mittwoch nieder. Als Nachfolger sind unter anderem Jens Spahn und Peter Tauber im Gespräch. Vorsicht! Im Bendlerblock wird sie wohl ein Minenfeld hinterlassen.

Im eigenen Land ist der Prophet nichts wert. Das bekommt gerade Michael Müller zu spüren. Laut einer Forsa-Umfrage für RTL ist er der Landeschef mit den geringsten Zustimmungswerten (Spitze: Kretschmann/BaWü). Obendrein reißt die Kritik an seiner Idee für ein 365-Euro-Ticket nicht ab. „Das ist reine Propaganda“, sagt der Grünen-Verkehrsexperte Michael Cramer. Immerhin berichtet aber jetzt der „Guardian“ über Müllers Pläne, mit der billigen Jahreskarte Verkehr und Umweltverschmutzung reduzieren zu wollen - ausgerechnet in der „Auto-Nation Deutschland“.

Greta wirkt: HU, TU und FU wollen gemeinsam mit der Charité ein Zentrum gründen, in dem der Klimawandel erforscht wird. Mit der Bewegung „Fridays for Future“ gebe es Gespräche über Formen der Zusammenarbeit. Die Frage der Finanzierung ist noch offen.

Zugeparkte Rettungswege, fehlende Papierkörbe: Martin Germer, der Pfarrer der Gedächtniskirche, kritisiert die schlechte Planung für die Sicherheitszone auf dem Breitscheidplatz. Sie habe zu neuen Gefährdungen geführt, schreibt er in einem Brandbrief an Senat und Bezirksamt (mehr dazu weiter unten im „Zitat des Tages“).
 

Sängerin Pink hat gerade eine Riesenshow im Olympiastadion abgeliefert (die Rezension von Tagesspiegel-Kollegin Nadine Lange ist hier nachzulesen), da sorgt sie weiter für Unterhaltung, genauer: für Gesprächsstoff. Sie veröffentlichte auf Instagram ein Foto ihrer zwei kleinen Töchter, wie diese durchs Holocaust-Mahnmal toben – und wartete Negativkommentare gar nicht erst ab. Die Kinder seien genau wie sie selbst und die gesamte Familie ihrer Mutter jüdisch, schrieb die Sängerin neben das Foto. Der Schöpfer des Denkmals glaube daran, dass Kinder einfach Kinder seien. „Und für mich ist das eine Feier des Lebens nach dem Tod.“

Die Polizei hat neun Blitzer abgeschaltet. Anlass ist laut „Morgenpost“ ein Urteil, das ein Autofahrer erstritten hat - im Saarland. Es dreht sich um einen Typ von Tempomessgeräten, der auch in Berlin angeschafft wurde. Obwohl das Urteil außerhalb des Saarlands nicht bindend ist, schritt die Berliner Polizei noch am Tag der Urteilsverkündung zur Tat. Wie ein geölter Blitz sozusagen.

Der erste Einbruch bei der Polizei war wohl so einfach, dass nach zehn Tagen ein zweiter folgte: Diebe haben in der Nacht zu Montag von einer Baustelle auf einem Marzahner Polizeigelände erneut Starkstromkabel gestohlen. Wieder fiel der Buntmetallklau erst am Morgen auf. Wieder sagte der Bauleiter zu, das Gelände zu sichern. Wieder ermittelt die Kripo.

Diese Woche ist es 1000 Tage her, dass in Marzahn, nein kein Flughafen, sondern Räumlichkeiten für Frauenfitness übergeben werden sollten. Allerdings häuften sich die Baumängel, mal gab es Probleme mit dem Brandschutz, dann nistete sich auch noch Schimmel ein… Tagesspiegel-Kollege Ingo Salmen erzählt die Geschichte vom „Mini-BER“ in seinem heute erscheinenden „Leute“-Newsletter aus Marzahn-Hellersdorf – hier geht’s zum kostenfreien Abo. Nicht vergessen: Die Ausgaben für Tempelhof-Schöneberg und Spandau erscheinen ebenfalls.

„Vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße“ – laut Kurt Tucholsky sieht so ja das Ideal des Berliners aus. Das Meer könnte tatsächlich etwas näher rücken, wenn die direkte, im Krieg zerstörte Bahnstrecke nach Usedom wiederaufgebaut würde. Laut „Berliner Zeitung“ steigen die Chancen, weil Mecklenburg-Vorpommern 2,8 Millionen Euro für erste Planungen bereitstellen will. Gesamtkosten: 140 Millionen.

Der Pendelverkehr ist zwar schon immer inoffizieller Teil des Berliner Nahverkehrsangebots, bald könnte er fest dazugehören. Die Seilbahn in den Marzahner Gärten der Welt erhält vom Senat einen Millionenzuschuss, damit sie 2021 (und eventuell noch länger) weiterfahren kann. Perspektive: Einbindung ins Nahverkehrsnetz und nutzbar mit üblichen Tickets.

Wenn die Gondeln Trauer tragen scheint hingegen eher das Motto der Reise zu sein, auf die sich der Journalist Frank Jordans begeben hat. Der Reporter bei der Nachrichtenagentur AP ist von Berlin nach London unterwegs und will dabei möglichst wenig CO2 verursachen. Er twittert dennoch amüsant von überfüllten ICEs, verspäteten ICEs, verpassten ICEs – das Übliche eben. Sein Fazit nach halber Strecke: klimafreundliches Reisen ist nichts für die breite Masse.

Während sich die Feuerwehr für heiße Tage rüstet und per Ausschreibung 30 Standventilatoren sucht, machen sich drei landeseigene Wohnungsbaugesellschaften schon mal Gedanken um die kalte Zeit: Sie bitten um Angebote für die Übernahme des Winterdienstes (Grünpflege gehört allerdings auch dazu). Dafür hat das Bezirksamt Treptow-Köpenick einen Auftrag an Leute zu vergeben, die gern einen in der Krone haben: 3000 Bäume sollen begutachtet, nummeriert und registriert werden.

BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:

3073

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.

Zitat

„Welcher verantwortlichen Person dürften wir die Garagen- oder Hofzufahrt dauerhaft zubauen und wem unseren Müll vor die Tür kippen, damit sich endlich mal was bewegt?“

Manfred Germer, Pfarrer der Gedächtniskirche

 

Tweet des Tages

Zurück in Berlin. War ne schöne Zeit in Barcelona, aber es gibt da einfach zu gute Radinfrastruktur, Internet überall und saubere Straßen. Das hält ja kein Mensch aus.

@timpritlove

Stadtleben

Essen & Trinken – Der Biergarten Republik verbindet die Trends Craft-Beer und Streetfood. Pale Ale und Sauerbier kommen hier aus kleinen, individuellen Berliner Brauereien. Die Küche überlässt der Biergarten ganz seinen Streetfood-Partnern, die alle drei Wochen wechseln. Aktuell und noch bis zum 31. Juli bieten Diana aus Guatemala und Pier aus Sardinien, vom Team Sabori, leckere Tacos an. Ganz nach dem Motto „I want it my way“, können sich die Gäste ihren Taco individuell zusammenstellen. Alle Zutaten sind sorgfältig ausgewählt und die Soßen mit viel Liebe zubereitet worden. Los geht’s ab 5 Euro. Und auch wenn der Blick in den Wetterbericht einen zweifeln lässt, ob Biergarten die richtige Wahl heute ist – es gibt auch einen ausgebauten Doppeldeckerbus, in dem es sich gemütlich sitzen lässt. Mo-Fr 15-1 Uhr, Sa-So 15-2 Uhr, Köpenicker Straße 74, U-Bahnhof Heinrich-Heine-Straße

Wo Sie im Namen des Tierwohls durch die Vollmondnacht laufen oder sich DIY-Tacos bestellen und nebenher Craft-Beer trinken können, erfahren Sie heute als Checkpoint-Abonnent.

Das Stadtleben heute von Carmel Schnautz.

Prominent verraten

„Diese Beschriftung findet sich gegenüber des Pergamonmuseums, sie beschreibt mein berufliches Leben recht treffend“, sagt der Berliner der Woche. In der Tat gilt er in seinem Metier als einer der Besten in Berlin.

Bekannte Berliner fotografieren für uns eine Woche lang täglich Ausschnitte aus ihrem Leben. Die Auflösung kommt immer freitags mit einem Selfie.

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Berlin heute

Welches Konzert in Spandau für Verkehrsbehinderungen sorgen kann und welche Kreuzung in Prenzlauer Berg bis September gesperrt ist, erfahren Sie im Checkpoint-Abo.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag  Bibiana Beglau (48), deutsche Schauspielerin / Michael Günther (84), deutscher Regisseur und Schauspieler / Thomas Heilmann (55), Politiker der CDU / Katherina Reiche (46), Geschäftsführerin beim Verband Kommunaler Unternehmen / „Herzliche Geburtstagsgrüße an Maria Perez Serrano von den alten Weggefährten (AIDA & ABION)."

Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.

Gestorben Ulrich Brettin, * 1. August 1948, SPD-Fraktionsvorsitzender in der BVV Marzahn-Hellersdorf / Christa Krawczynski, * 26. Januar 1936, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie / Hans-Jürgen Sommer, * 27. Oktober 1937 / Dr. med. George Widjaja, Unfallchirurg

Stolperstein – Ernst Ries wurde am 16. Juli 1885 in Stolp geboren. Er kämpfte im Ersten Weltkrieg, wofür ihm 1935 das Ehrenkreuz verliehen wurde. Ab 1933 lebte er mit seiner Familie in der Neuen Roßstraße 23 in Mitte. Ab 1941 musste Ries Zwangsarbeit bei der Firma Spindler leisten. Am 17. Januar 1942 unternahm er einen Selbstmordversuch, um sich der Verfolgung zu entziehen. Ein Jahr darauf wurde er von der Gestapo im Zuge der „Fabrikaktion“ verhaftet und am 3. März 1943 mit dem „33. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert. Dort wurde er vermutlich direkt nach seiner Ankunft und der „Selektion“ in den Gaskammern ermordet. Seine Tochter Charlotte und seine Frau Ottilie überlebten.

Im Tagesspiegel

Ein Hitlerbild und eine Hetzmail, ein Hakenkreuz und Besuche bei Neonazis – und hinterher erstaunliche Begründungen dafür. Warum AfD-Politiker nie etwas falsch machen. Lesen Sie die kuriosesten Ausreden der AfD, aufgeschrieben von Sebastian Leber, heute auf Seite 3 im Tagesspiegel und im E-Paper.

Encore

Der Checkpoint steht jetzt auch in der Ostfriesen-Zeitung. Sie berichtet aktuell über den Ansturm auf den Posten des Norderneyer Inselbloggers, für den sich 300 Leute beworben haben – viermal so viele wie im Vorjahr. Wir vom Checkpoint-Team sind natürlich völlig unschuldig an der gesteigerten Aufmerksamkeit, auch wenn wir wegen unserer Bewerbung ein bisschen Welle gemacht haben (falls jemand das Video dazu nochmal sehen möchte – bitte sehr.) Sollten wir am Ende tatsächlich reif für die Insel sein, dann wollen wir das Bloggergehalt (450 Euro monatlich) für eine Spendenaktion nutzen: Familien, die sich keine Auszeit leisten können, möchten wir einen Norderney-Urlaub ermöglichen.
Ein bisschen Unterstützung in Wort, Bild und Tweets unter #CheckpointgoesNorderney wäre nicht nur deshalb ein Heuler. Und ja, über Seehundbabys würden wir dann auch bloggen.

Robben Sie gut durch den Tag. Morgen begrüßt sie hier meine Kollegin Laura Hofmann.

Ihr Björn Seeling

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