Berlin steht ein einsamer November bevor. Theater, Opern, Kinos, Museen, Galerien, Bars, Kneipen, Fitnessstudios, Schwimmhallen, Gedenkstätten, Tanzstudios, Saunen, Dampfbäder, Spielbanken, Freizeitparks, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Bowlingbahnen, Tattoo-Studios, Bordelle und das Zoo-Aquarium sind ab Montag geschlossen. Das beschloss der Senat gestern Nachmittag in seiner Sondersitzung und folgte damit weitestgehend den Beschlüssen der Bundeskanzlerin und der Länderchefs von Mittwoch. Die Regeln gelten bis zum 30. November, nur ein paar Ausnahmen gewährt R2G seinen Bürgern: Musik- und Volkshochschulen bleiben offen, ebenso Archive, Bibliotheken, Zoo, Tierpark und Friseure. Zudem dürfen Kinder bis 12 Jahren im Freien in festen Kleingruppen Sport betreiben. Doch ansonsten bleibt von der Stadt der Freiheit nichts übrig.
Die Maßnahmen klingen hart, die aktuellen Corona-Zahlen sind noch härter: Am Donnerstag wurden 1131 Neuinfektionen gemeldet, die 7-Tage-Inzidenz liegt bei 155,6 und am erschreckendsten: Nur 12 Prozent aller Intensivbetten, insgesamt 156 Stück, sind in Berlin noch frei. Einige Krankenhäuser haben deshalb wieder begonnen, planbare OPs zu verschieben. „Wir können die Infektionsherde nicht mehr nachvollziehen. Man hat das Gefühl, dass es durch alle Ritzen dringt“, sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). Etwas Kritik an den eigenen Regeln übte Kultursenator Klaus Lederer (Linke): „Wenn ein Staat von seinen Bürgern erwartet, auf jegliche kulturelle Teilhabe zu verzichten, finde ich das schon richtig krass. Wie soll man erklären, dass jemand nicht in eine Galerie gehen darf, sich aber in einer Shoppingmall rumtreiben kann?“ Die Antwort kennt wohl nur der Kapitalismus.
Anders als im Frühjahr bleiben Kitas, Geschäfte und Schulen (170 jedoch mit Maskenpflicht) offen und auch sonst unterscheidet sich dieser Lockdown von seinem Vorgänger. Die Kritik an den erneuten Maßnahmen ist vom leisen Murren zum lauten Protestgeschrei angeschwollen. Während AfD-Politiker im Bundestag brüllen, zünden Corona-Leugner inzwischen Brandsätze. Andere wollen gesitteter und mit rechtlichen Mitteln gegen das Runterfahren vorgehen. „In den vergangenen 48 Stunden wurden wir überflutet mit Anrufen und Mails“, sagt Anwalt Niko Härting. Er hatte zuletzt dutzende Gastronomen erfolgreich bei Klagen gegen die Sperrstunde vertreten. Rund 200 Anfragen für rechtlichen Beistand gegen die geplanten Schließungen gebe es bereits. Heute sollen die ersten Klagen fertig gemacht werden. Härting argumentiert mit verfassungsrechtlichen und verhältnismäßigen Gründen und sieht gute Chancen auf Erfolg. Die Verordnungen seien juristisch stümperhaft. „Sie sind so schlecht gemacht, dass wir Juristen teils nicht wissen, was damit gemeint ist“, sagt Härting. Auch für die Polizei seien die Verordnungen eine „Zumutung“. „Es ist eine Frage der Zeit, bis Gerichte das kippen werden.“
„Keine Klagewelle“ erwartet dagegen Friedhard Teuffel, Ex-Tagesspiegler und jetziger Direktor des Landessportbundes Berlin, dem Dachverband für rund 2500 Vereine mit mehr als 650.000 Mitgliedern. Die seien nach den Beschlüssen der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten total enttäuscht. „Wir haben alles gegeben und wurden trotzdem disqualifiziert. Dabei haben wir im Sport kein signifikantes Infektionsgeschehen“, sagte Teuffel. Der Sport sei keine „Virenschleuder“, sondern diene der Gesundheit und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dass in Berlin Kinder bis zwölf Jahre in festen Gruppen (max. 10 P.) im Freien trainieren dürften, sei immerhin „ein gutes Signal“.
„Wir machen einfach auf“, sagt Flughafen-Chef Engelbert Lütke Daldrup seit Wochen mantraartig zur BER-Eröffnung. Partystimmung kommt angesichts verdreifachter Baukosten, einem Jahrzehnt Verspätung, einem Milliarden-Finanzloch und Corona eh nicht auf, aber eine kleine Feier gönnt sich die FBB dann doch. 50 Gäste habe man eingeladen, sagt Flughafen-Chef Daldrup im Checkpoint-Podcast (s.u.). Wer genau kommt, ist streng geheim. Nach CP-Informationen sind neben FBB-Geschäftsführung (3 P.) und FBB-Aufsichtsrat (19 P.) auch die Airline-Chefs von Lufthansa und Easyjet am Start, außerdem wollen der Regierende Michael Müller, Brandenburgs MP Dietmar Woidke (beide SPD) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kommen. Auch einige Vorgänger von ELD werden erwartet. Ob, wie bis zuletzt geplant, auch Flughafen-Parlamentarier von Bund, Berlin und Brandenburg, sowie Spitzenvertreter der Wirtschaft durch die Sicherheitsschleuse kommen, ist unklar. Vielleicht werden auch Streichhölzer gezogen.
Und was passiert nach dem Türsteher? Werfen wir doch mal einen Blick in den vorläufigen internen Ablaufplan:
11-12 Uhr: Individuelle Anreise der geladenen Gäste
13:40 Uhr: Ankunft im Mainpier, Stehempfang inkl. Catering
14 Uhr: Doppellandung der beiden Maschinen von Easy-Jet und Lufthansa
14:10 Uhr: Begrüßung der Flugzeuge am BER. „Es wird ein Medienbild mit beiden Flugzeugen vor dem Terminal erzeugt, bei dem der BER-Schriftzug deutlich erkennbar wird.“
14:30 Uhr: Begrüßung durch ELD, Müller, Woidke und einen Vertreter des Bundes
14:33 Uhr: Gemeinsames Foto: „Die Beteiligten der Begrüßung stellen sich für Grußworte vor der LED-Wand auf.“
15:10 Uhr: „Lounges: Die von der FBB geladenen Gäste begeben sich nach dem Ende der Begrüßung in die drei Flughafenlounges.“
Was in den Lounges passiert, verrät das interne Papier nicht. Wahrscheinlich nach dem Motto. „What happens in Vegas, stays in Vegas.“
Noch mehr BER-Interna hat Flughafenchef Lütke Daldrup meinen Checkpoint-KollegInnen Ann-Kathrin Hipp und Lorenz Maroldt in der Podcast-Sonderfolge „Eine Runde BERlin“ verraten. Darin spricht er über die „harte Zeit“, Befindlichkeiten politischer Akteure und Zukunftspläne für die Flughafen-Stadt gesprochen. ELD erklärt, was er anders gemacht hat, als seine Vorgänger, warum sich der Flugverkehr in der tiefsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg befindet und wieso er überzeugt davon ist, dass der BER in Berlin trotz allem „populär“ werden wird. Außerdem sagt er den schönen Satz: „Ein Flughafen macht immer Spaß.“ Jetzt auf Spotify, Apple Podcasts, Tagesspiegel.de und überall, wo es Podcasts gibt. Hörempfehlung für den Countdown. Noch ein Tag bis zum Start…
Berliner Schnuppen
Telegramm
In Frankreich hat es erneut einen islamistischen Anschlag gegeben. In einer Kirche in Nizza stach ein 21-jähirger Tunesier auf mehrere Menschen ein, zwei Frauen und der Aufseher des Gotteshauses starben. Nach dem zweiten islamistischen Anschlag in nur zwei Wochen hat Frankreich die höchste Terrorwarnstufe ausgesprochen. In Berlin gedachten am Abend spontan hunderte Menschen den Opfern vor der französischen Botschaft. Angemeldet hatte die Versammlung Konstantin Kuhle (MdB FDP), dem Aufruf folgten aber auch viele Spitzenpolitiker von SPD, CDU und Grünen.
Auf dem Hermannplatz in Neukölln demonstrierten zeitgleich etwa 150 Menschen, überwiegend junge Männer, unter dem Motto „Islam gegen Macron/Hassverbreitung“. Dabei skandierten sie immer wieder „Allahu Akbar“ („Gott ist am größten“). „Für mitteleuropäische Menschen ohne Bezug zum Nahen Osten hat das einen sehr starken Touch. Teils ist das aber ein Alltagsausruf“, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz dem Checkpoint am späten Abend. Es sei alles friedlich geblieben, der Ruf sei nicht verboten. Die Botschaft dahinter aber mindestens irritierend.
Irritierte Gesichter gestern im Umweltausschuss beim Thema Wasserpumpen: SPD-Mann Daniel Buchholz wollte von Staatssekretär Stefan Tidow (Grüne) wissen, ob dessen Aussagen wirklich zutreffen würden, dass die Bezirke die Brunnen-Investitionsgelder in Höhe von 8,3 Millionen Euro für andere Dinge ausgegeben hätten. Bei der zweiten Nachfrage sprang Tidow dann Senatorin Regine Günther (Grüne) zur Seite. Es gebe noch ein „Delta im Verständnis“, die Beratung darüber wurde verschoben. Bis zur nächsten Sitzung in vier Wochen sind dann hoffentlich alle Fragen von Alpha bis Omega geklärt.
Nochmal Umweltausschuss: Der stellte fest, dass der Senat einen Parlamentsbeschluss zur Vermeidung innerdeutscher Dienstreisen mit Flugzeugen, bislang nur mäßig interessiert aus der Airport-Lounge zur Kenntnis nehme. Liege am Bundesreisekostengesetz, verteidigte sich Finanzstaatssekretärin Vera Junker. Man wolle auf eine Novelle warten. Die R2G-Abgeordneten Efler, Buchholz und Kössler wollen dagegen ICE-Geschwindigkeit und kündigten einen Gesetzentwurf zur Überarbeitung des Beamtengesetzes an. Der Senat soll am Boden bleiben.
Das Projekt @wasihrnichtseht macht Rassismuserfahrungen von Schwarzen sichtbar. Wir machen das durch eine Kooperation an dieser Stelle auch.
Am Montag hat Kollege Ulrich Zawatka-Gerlach kommentiert „Vor Michael Müller liegt die Woche der Abrechnung“. Stand Freitagmorgen muss man sagen: Müller hat mit seinen Zweiflern abgerechnet. Erst setzte er sich in Charlottenburg-Wilmersdorf gegen Sawsan Chebli durch, nun bleibt er auch erst einmal Landeschef der SPD. Letzteres aber nur, weil der Landesparteitag mit 300 Teilnehmern kurzfristig abgesagt wurde. Totgesagte leben länger.
In Berlin dürfen bei Bestattungen mit Pfarrer oder Prediger momentan mehr Menschen (maximal 30 Personen) teilnehmen, als bei solchen mit weltlichen Ritualen (maximal 10 Personen). In Wilmersdorf hatte ein entsprechender Hinweis für Aufsehen gesorgt. CP-Kollege Julius Betschka hat bei der Gesundheitsverwaltung nachgefragt, sechs Tage später hieß es: Die unterschiedliche Behandlung von Beisetzungen mit oder ohne Pfarrer/in ergibt sich aus der Privilegierung der Religionsfreiheit in Artikel 4 Grundgesetz.“
Die kollektive Religionsfreiheit führe dazu, dass religiöse Veranstaltungen gegenüber nicht nicht-religiösen Veranstaltungen zu privilegieren sind, hieß es weiter. Auf dem Friedhofsschild in Wilmersdorf ist der Unterschied noch etwas griffiger beschrieben: Die Beisetzung mit weltlichem Redner gilt demnach als private Feier, während eine Beerdigung mit Pfarrer oder Prediger „eine religiös-kultische Veranstaltung“ ist. Merke: Vor Gott sind alle Menschen gleich, aber manche sind gleicher.
Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag eines Berliner Vermieters abgelehnt, den Berliner Mietendeckel auszusetzen. Entschieden wird nur in der Hauptsache voraussichtlich im kommenden Jahr. Der Druck im Topf bleibt hoch.
Im Jahr 30 nach der Wiedervereinigung, scheint für die Stasi-Unterlagen-Behörde offenbar das Ende der Geschichte erreicht. Das international beachtete Projekt, zerrissene Stasi-Akten per hand und per Computer zusammenzufügen, ruht offenbar schon jahrelang. Seit 2016 sei keine Akte mehr zusammengesetzt worden, obwohl noch fast 400 Säcke Schnipsel vorliegen, so der Aufbereitungsverein Bürgerkomitee 15. Januar in einer Mitteilung. „Wenn der Bundestag jetzt nicht schnell eingreift, ist das Stasi-Puzzle ist so gut wie tot“, fürchtet Historiker und Vereinsmitglied Christian Booß.
Mal wieder ein rechter Einzelfall bei der Polizei: Bei einem Einsatz in einem Lager eines Online-Antiquitätenhändler sollen sich zwei Beamte sehr für einen Volksempfänger mit Hakenkreuz interessiert haben. Ein Zeuge sagte dem RBB: „Man hat ganz klar gemerkt, dass zwischen den 400 Röhrenradios nur dieses eine mit Hakenkreuzen interessant für sie ist.“ Offenbar gestörter Empfang.
Vogelwild geht es Steglitz-Zehlendorf zu, schreibt Boris Buchholz in seinem Leute-Newsletter. Weil ihm ein Buntspecht „seit geraumer Zeit seine Hauswanddämmung beschädigt“ habe, schnappte sich ein Mann sein Luftgewehr und traf damit den Specht tödlich. Der Mann hatte offenbar nicht nur eine Meise, sondern auch 0,5 Promille Alkohol im Blut.
Kurzer Blick nach Neukölln und eine verstörende Insta-Story: Ein Lieferfahrer verliert bei der Fahrt mitten auf dem Hermannplatz einen Dönerspieß, er hält auf der Kreuzung, läuft zurück und sammelt das gute Stück wieder ein. Neukölln-Version von „Einmal mit alles“.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht: Der BER stellt das eigene Desaster aus. Im Untergeschoss von Terminal 1 widmet sich eine Ausstellung einer Auswahl an Pleiten, Pech und Pannen. Da darf der Checkpoint natürlich nicht fehlen und wird mit einem Einspieler von Kollegin Ann-Kathrin Hipp vertreten.
„Züge statt Flüge“ fordert die Grüne Jugend aus Berlin und Brandenburg. Doch ihren Demonstrationszug am Samstag durch das BER-Terminal hat die Versammlungsbehörde so nicht genehmigt, weil das Gebäude der Öffentlichkeit erst ab 20 Uhr zur Verfügung steht. Jetzt klagen die Jugend-Verbände – schließlich wollen auch sie zur Mini-Party.
Zum Schluss eine Klarstellung: Der BER soll am Samstag weiterhin eröffnen, nur die Checkpoint-Laufgruppe entlang des Flughafen-Zauns ist verschoben. Einen Ersatztermin gibt’s noch nicht, aber so lange wie die Bauzeit am BER wird es schon nicht dauern.
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„Einige Funktionäre haben mir gesagt: Sawsan, wir würden Dich ja unterstützen, aber wir können es uns als SPD jetzt nicht leisten.“
Sawsan Chebli im Interview über ihre Pläne nach der Niederlage gegen Michael Müller um die SPD-Nominierung für das Direktmandat in Charlottenburg-Wilmersdorf.
Tweet des Tages
Wenn Kirchen Theken hätten, wäre allen geholfen.
Stadtleben
Essen to go – Wer sich kulinarisch richtig verwöhnen lassen will, sollte unbedingt das extravagante Sushi im Charlottenburger Dudu31 (Bleibtreustraße 31) probieren. Hier treffen japanische Crunchy Rolls (8 Stück für 16,90 Euro) mit Thunfisch, Garnele, Avocado, Okra, Roter Beete und Co. auf vietnamesische Hokkaido-Currys mit Zitrus-Hähnchen, Koriander und Kefir-Blättern (15,90 Euro). Neben Dumpings, Phos und Fischgerichten gibt es auch vegetarische Optionen, zum Beispiel mit würzigem Tofu. Alle Gerichte zur Selbstabholung (telefonisch unter 57795577), Lieferung (aktuell nur Charlottenburg ab 50 Euro) möglich. Geöffnet Mo-So 12-16/17-22 Uhr
Anschauen & zuhören – Lehnen Sie sich zurück undlauschen Sie ganz bequem von Zuhause aus den feinenKlängen der Solist*innen des Berliner Staatsoperensembles: Die „Opern-Gala“ ist ein buntes Potpourri aus Arien von La Traviata über Macbeth bis Falstaff. Sowohl für langjährige Opernliebhaber*innen, als auch für alle, die es noch werden wollen, ist etwas dabei. Der Stream ist Teil des spartenübergreifenden Konzertprogramms des Opernhauses mit Musiker*innen der Staatskapelle, Sänger*innen des Solist*innenensembles, Pianist*innen des Hauses sowie einer Reihe von befreundeten Künstler*innen. Einfach hier klicken und die Ohren spitzen!
Lesen – Wenn Sie mal so richtig in ein Buch versinken und sich in eine andere Zeit träumen wollen, empfehlen wir den 761-Seiten-Wälzer „Ein Mann will nach oben“ von Hans Fallada (Rowohlt 2018, Taschenbuch für 10,99 Euro). Ein großartiger Roman über das immerwährende Streben eines 16-jährigen Waisenjungen, der im frühen 20. Jahrhundert nach Berlin kommt. Im humorvollen Berliner Dialekt geschrieben, spiegeln sich zwischen den Zeilenzweieinhalb wechselseitige Jahrzehnte deutscher Geschichtewider.
Spielen – Ein simples, aber durchaus anspruchsvolles Spiel ist „The Mind“ (etwa 7 Euro). Zwei bis vier Spieler*innen versuchen dabei, Handkarten (Zahlen von 1-100) in der richtigen Reihenfolge abzulegen. Und das, ohne miteinander zu sprechen oder sich geheime Zeichen zu geben. Was anfangs unmöglich scheint, erweist sich schnell als eine Art ausgeklügelte und individuelle Strategie, die jede*r Spieler*in für sich selbst, aber dennoch im Team herausfinden muss. Ein spannendes Gedankenspiel, dass ungeahnte mentale Verbindungen aufzeigt.
Grübelstoff – Wenn Denkmäler denken könnten: Welches wäre Ihrer Meinung nach das aufmüpfigste in Berlin und warum?
Berlin heute
Verkehr – A10 (Nördlicher Berliner Ring): Wegen Bauarbeiten ist die Autobahn ab 22 Uhr (bis Montagmorgen, ca. 5 Uhr) zwischen dem Autobahndreieck Pankow und der Ausfahrt Mühlenbeck in beiden Richtungen gesperrt.
Innenstadt: Wegen eines Fahrradkorsos kann es ab 20 Uhr (bis ca. 0 Uhr) in der gesamten Innenstadt zu kurzzeitigen Verkehrseinschränkungen kommen.
Wilhelmstraße/Stresemannstraße (Kreuzberg): Wegen einer Demonstration (s.u.) ist hier am Mittag mit Verkehrsstörungen zu rechnen.
S-Bahn: S2, S8 und S85: Der Gleisabschnitt zwischen Gesundbrunnen bzw. Schönhauser Allee und Blankenburg ist ab 22 Uhr (bis Montagmorgen, ca. 1.30 Uhr) gesperrt. Fahrgäste werden angehalten, mit der S1 bis Wollankstraße und mit dem bereitgestellten Busersatzverkehr bis Pankow zu fahren. Zwischen Pankow und Blankenburg verkehrt ein Pendelzug im 20-Minutentakt.
S7: Die Linie ist zwischen Potsdam Hbf und Babelsberg unterbrochen. Ein Ersatzverkehr mit Bussen ist eingerichtet.
Demonstration Freitag – Unter dem Motto „Protest zum Untersuchungsauschuss BER II im Abgeordnetenhaus Berlin am 30.10.20“ demonstrieren etwa 100 Teilnehmende von 9-13 Uhr von der Wilhelmstraße/Stresemannstraße bis zur Niederkirchnerstraße (angemeldet durch: BUND Jugend Berlin).
Sonnabend – 2000 Menschen demonstrieren von 10-14 Uhr in einem Autocorso gegen den „Ungerechten Lagevertrag des BER für Berliner Taxis“ vom Flughafen Tegel bis zum Flughafen Schönefeld. Unter dem Titel „Walk of Death“ ist ein Protestzug vom Alexanderplatz bis zur Heerstraße mit etwa 1000 Teilnehmenden angemeldet (12.30-18 Uhr). Vom Platz der Luftbrücke bis zur Rudower Chaussee zieht der Aufzug „Wir demonstrieren gegen die Eröffnung des Flughafens Berlin-Brandenburg BER“ mit etwa 200 Teilnehmenden (10-12.30 Uhr). Die Demo „United We Fight“ (Bezug zur Liebigstraße) zieht von 19-23.55 Uhr mit ca. 500 Teilnehmenden vom Helsingforser Platz bis zum S-Bhf Storkower Straße.
Sonntag – Unter dem Motto „Welt-Kobanê-Tag Rise Up Against Fashism“ zieht ein Aufzug mit etwa 150 Menschen vom Hermannplatz zum Oranienplatz (14-18 Uhr).
Gericht – Gegen einen 27-Jährigen, der eine damals 19-Jährige in ihrer Wohnung mit K.o.-Tropfen betäubt und dann vergewaltigt haben soll, wird der Prozess fortgesetzt. Er hat die Vorwürfe zurückgewiesen (9.15 Uhr, Kriminalgericht Moabit, Turmstraße 91, Saal B 305).
Berliner Gesellschaft
Geburtstag – „Heute hat unser langjähriger lieber Freund Polle, leidenschaftlicher Segler in unbequemen Booten, auch bekannt als Dr. „Zucker“ Martin Bruhns, wieder einmal Geburtstag. Wir gratulieren von ganzem Herzen, lass Dich von Hanna verwöhnen. Wir sehen uns hoffentlich bald. Marion & Kurt Tews“ / Stipe Erceg (46), Schauspieler / Johanna von Koczian (87), Schauspielerin, Sängerin und Schriftstellerin / Gerti Möller (90), Sängerin / Prof. Karl Oppermann (90) / Erol Özkaraca (57), ehem. für SPD im AGH / Peter Pekarík (34), Verteidiger bei Hertha BSC / Christina Rau (64), Politologin und Ehefrau des ehem. Bundespräsidenten Johannes Rau / Bernd Riexinger (65), Parteivorsitzender der Linken, Bundestagsmitglied, Gewerkschafter / Boris Velter (53), Leiter „Gesundheitsstadt Berlin 2030“, ehem. SPD-Staatssekretär für Gesundheit / Kurt Wansner (73), für CDU im AGH / Volker Wieprecht (57), radio1- und rbb-Abendschau-Moderator, „mit dem Talent vergessene Wörter wiederzubeleben und Songs der 80er zurück ins alternde Gedächnis zu katapultieren. Herzlichen Dank für viele Reminiszenzen und das Allerbeste zum jährlich wiederkehrenden Jahrestag - auf das noch viele folgen mögen - wünscht eine stets geneigte Hörerin“
Sonnabend – Annette Ahme, „Dichte weiter Annette, danke für deinen Newsletter, Jenny“ / Jörg Asmussen (54), Ökonom, ehem. Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales / Engelbert Lütke Daldrup (64), BER-Chef / „Uwe-Karsten Heye, ehemaliger Sprecher der Bundesregierung und Gründer von Gesicht Zeigen!, wird heute 80 Jahre alt - das gesamte Gesicht Zeigen! Team wünscht herzlichen Glückwunsch!“ / Ramona Pop (43), Bürgermeisterin von Berlin und Wirtschaftssenatorin / Markus Schächter (71), Journalist und Medienmanager, ehem ZDF-Intendant (2002-12) / Ginka Steinwachs (78), Schriftstellerin, Daniel Kretzschmar (41), Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter
Sonntag – Martin Beck (62), Politiker (Grüne) / Margit Gottstein (60), Staatssekretärin für Verbraucherschutz und Antidiskriminierung / Reinhild Hoffmann (77), Pionierinnen des Tanztheaters / Rainer Hunold (71), Schauspieler / Ingeborg Junge-Reyer (74), ehem. SPD-Senatorin für Stadtentwicklung (2004-11) und ehem. Bürgermeisterin (2006-11) / Cosmo Klein (42), Sänger und Songwriter / Brigitte Luck (90), „Nun wird leider nichts aus dem großen Fest. Doch alle deine Nachbarn aus der Albrecht 59A wünschen dir von Herzen alles Liebe und vor allem viel Gesundheit“ / Katja Riemann (57), Schauspielerin / Jürn Jakob Schultze-Berndt (54), für die CDU im AGH / Christian Stäblein (54), Probst der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz / Ulf Timmermann (58), Leichtathlet (Kugelstoßen) / Bernd Wilms (80), ehem. Theaterintendant (u.a. Maxim Gorki und DT)
Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.
Gestorben – Mona Becker, * 12. Juni 1968 / Prof. Dr. Marlies Janz, verstorben am 12. September 2020, ehem. Professorin für Neuere deutsche Literatur an der FU / Paul Michael Löße, verstorben am 12. Oktober 2020, Architekt und Stadtplaner / Wilhelm Heinrich Nettelnstroth, * 20. Mai 1934 / Anita Recknagel, * 19. Februar 1932
Stolperstein – Hermann Zippert (Jh. 1889) wurde in Berlin geboren. Er war das älteste Kind des Ehepaars Hedwig und Bertold Zippert und hatte drei Geschwister. Laut seines Bruders war Zippert ein Nonkonformist, ein wenig weltfremd, ein Träumer. Er schrieb Gedichte und philosophische Betrachtungen für das Berliner Tageblatt, las Karl Marx und sei für den Kommunismus begeistert gewesen. Obwohl sie ihm nicht lag, widmete er sich der kaufmännischen Lehre und arbeitete in Firmen, die der Verwandtschaft gehörten. Zippert heiratete Grete Engelmann, mit der er zwei Kinder hatte. Doch die beiden trennten sich und seine Frau emigrierte mit den Kindern 1939 nach England. Zippert blieb in seinem geliebten Heimatland und wohnte weiter in Berlin. 1942 wurde er zunächst nach Theresienstadt und ein Jahr später nach Auschwitz deportiert und ermordet. Sein Stolperstein liegt im Luisenweg 10 in Reinickendorf.
Encore
Zum Schluss unsere Rubrik „Männer, die am BER abgestürzt sind“. Dieses Mal mit Flughafenexperte und Chefkritiker Dieter Faulenbach da Costa. 2012 schlug er vor, das Terminal mit einer Stange Dynamit zu entkernen. Darauf ging niemand ein, deshalb behauptete er fortan trotzig, der BER werde niemals eröffnen. Und nun? „Zur Inbetriebnahme des BER am 31.10.2020 gratuliere ich Flughafenchef Engelbert Lüdtke Daldrup. Er hat zielgerichtet und erfolgreich auf die Inbetriebnahme hingearbeitet. Die von mir festgestellten kapazitiven Defizite hat er nicht beseitigt. Aber, dass „Glück ist mit den Tüchtigen“, an seinem Geburtstag kann ELD jeden Passagier per Handschlag begrüßen. Die von mir prognostizierten kapazitiven Defizite werden in den nächsten Jahren nicht relevant sein. Die gewonnene Zeit sollte genutzt werden die Fortschreibung des Elends im „Masterplan BER 2040“ zu beerdigen.“ Immerhin: Von Sprengstoff schrieb er uns nichts mehr.
Explosives für diese Ausgabe hat Thomas Lippold recherchiert, das bombige Stadtleben kam von Vivien Krüger, knallhart früh aufgestanden und abgeschickt hat diesen Checkpoint Caspar Schwietering. Jede Menge Zündstoff gibt’s hier morgen wieder aus der Feder von Lorenz Maroldt, zum Beispiel – kein Witz – mit der BER-Eröffnung.
Bleiben Sie gesund und heben Sie am Wochenende nicht zu sehr ab – und wenn, dann mit Abstand,