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1000. Folge der Berliner SchnuppenHauptstadt-Nachfolger des 9-Euro-Tickets könnte nur für Abonnenten geltenZahl der Rentner mit Anspruch auf Grundsicherung um 20 Prozent gestiegen

gestern Mittag meldete der RBB, dass der Senat ein 29-Euro-Ticket von Oktober bis Dezember beschlossen habe. Nachdem zwei Senatorinnen und die Regiermeisterin dementiert hatten, löschte der RBB den Tweet zur Meldung und feilte an der Nachricht auf allen Kanälen so lange herum, bis eigentlich nur die bereits bekannte Erkenntnis blieb, dass ein Berliner Solo zwar verlockend, aber zwangsläufig ein Affront gegen den VBB (der Donnerstag tagt) und hunderttausende Pendler wäre. Journalismus am Tarifzonenlimit. 29 Euro pro Monat für ganz Berlin – aber 107 für die letzte Station nach Eichwalde, Erkner oder Hennigsdorf? Schwierig. Dabei würden die Umlandgemeinden insofern profitieren, als sich das tägliche Pendlerparkplatzchaos dann komplett aus dem Speckgürtel an Berliner Bahnhöfe verlagern würde.

Womöglich scheitert der Berliner 29-Euro-Plan gar nicht am Widerstand aus Brandenburg, sondern an den Konditionen des vom Bund finanzierten ÖPNV-Rettungsschirms: CP-Kollege Christian Latz berichtet von einer Vorlage der Verkehrssenatorin für den parlamentarischen Hauptausschuss, wonach die einzig praktikable Option ein auf Abonnent/innen beschränktes Sonderangebot (T+) ist. Wer davon profitieren will, müsste ab Oktober ein Abo abschließen. Damit aus der Aktion am Ende kein Fall für die Verbraucherzentrale wird, sollen die Kunden ein Sonderkündigungsrecht zum Jahresende erhalten. CP-Prognose: In der Abo-Abteilung der BVG werden sie demnächst Magentabletten zum Frühstück brauchen. Es sei denn, Bund und Länder bekommen bis Januar ein brauchbares Nachfolgeangebot zustande.

Umfrage 29-euro-Monatsticket für Berlin

Was haben Drucksonden, Einperler, Winkelkodierer und Radar gemeinsam? Mit ihnen misst die Verwaltung Wasserstände (an 62 Stellen in Gewässern und an 1025 Grundwassermessstellen). Weitere „Sensordaten im Land Berlin“ (Q: Umweltverwaltung auf FDP-Anfrage): Luftgüte, Bodenfeuchte sowie Temperaturmessungen bis in 20 Meter Tiefe, außerdem permanente Radverkehrszählung an 19 Orten. Sensortionell! Was der Senat nicht erwähnt: Auch im Hauptstraßennetz gibt es Sensoren, die z.T. auch das Tempo von Autos und Lastwagen messen. Und, was fährt man so in Berlin, z.B. am stauarmen vergangenen Sonntag? In der Müggelheimer Straße beispielsweise im Mittel (!) 59,3 km/h, in der Köpenicker Straße 60,1, auf dem Adlergestell 58,7, in der Waltersdorfer Straße 58,6, auf der Rhinstraße 57,5 km/h – überall bei erlaubtem Tempo 50.

Grüße gehen raus an den Bauarbeiter, der gestern rauchend das Warnschild „Achtung! Arbeiten an Gasleitung“ (Warnsymbol: durchgestrichene Zigarette) an der Regattastraße in Grünau bewacht hat. Eine Explosion wäre nur konsequent gewesen auf dieser Baustelle, deren Grundgesetz Murphys Law ist. Ein Kollege von der „Berliner Zeitung“ hat die Geschichte mal aufgeschrieben, in der ein Brand, eine Insolvenz, ein versehentlich zubetoniertes Abwasserrohr, ruiniertes Spezialwerkzeug und eine beim Reparaturversuch beschädigte Gasleitung vorkommen. Insofern klingt die aktuelle Auskunft der Wasserbetriebe gegenüber dem CP beinahe unheimlich: Die Reparaturen kämen gut voran, so dass die Sperrung (die Fußgänger zu Slalom und Autofahrer zu einem kilometerlangen Umweg zwingt) schon im November beendet werden könne.

Obwohl sich die Verdächtigen an der Hand eines altgedienten Sägewerkers abzählen lassen dürften, werden die Kosten für den Tausch des zubetonierten Rohrs voraussichtlich an den Wasserbetriebe bzw. deren Kunden hängen bleiben: „Wir tragen die volle Beweislast“, sagt Sprecher Stephan Natz am CP-Telefon und berichtet von frustrierenden Erfahrungen vor Gericht. Wobei der Schaden in Grünau mindestens eine halbe Million Euro betrage. Nach einer ähnlichen Havarie in Mariendorf kämpfe man juristisch um eine halbe Million, „und mit einer Baufirma am Humboldt-Forum streiten wir uns um 230.000 Euro und haben gerade Beschwerde eingelegt, damit die Sache nicht verjährt“. Am Schlossplatz habe Bentonit (mit dem sich z.B. Bauwerke abdichten lassen) einen Abwasserkanal zugesetzt. Shit happens. Und bleibt manchmal länger.

Bei den Berliner Schnuppen ist heute große Party – und im (bedingt begabten, s.u.) Team Checkpoint zumindest mental ebenfalls, weil wir die 1000. Folge des unvergleichlichen Figurentheaters feiern, mit dem Naomi Fearn nicht nur die Leser, sondern auch die Macher der CP-Vollversion jeden Morgen beglückt. Großes Kino im kleinen Format! Und es wird noch besser: Zum Jubiläum verlosen wir exklusiv unter allen Abonnent/innen der Vollversion fünf Postkarten mit dem Schnuppen-Franzi-Slogan „Dit könnte jehn“, die es nur in limitierter Auflage gibt, mit einer persönlichen Widmung von Naomi Fearn. Wenn auch Sie teilnehmen wollen (und wir verlosen auch sonst so einiges), dann abonnieren Sie unsere Vollversion doch gerne hier. Vielen Dank!

Team Checkpoint gratuliert den Schnuppen

An dieser Stelle gratulieren wir, das Team Checkpoint, von Herzen. Und überlassen die Zeichenkunst dann aber auch gleich wieder der lieben Naomi Fearn.

Telegramm

Seit mehr als 200 Tagen verteidigt sich die Ukraine gegen Russlands Krieg und Terror. Hier die aktuellen Nachrichten.

+++ Die ukrainische Armee hat nach Angaben der Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar in den vergangenen Tagen mindestens 300 Ortschaften mit knapp 150.000 Einwohnern im Osten des Landes befreit.

+++ Laut der Internationalen Atomenergiebehörde sind alle drei Notstromleitungen des Atomkraftwerkes Saporischschja repariert worden.

+++ Russland hat ausländische Parteien und Politiker laut einem Gutachten von US-Geheimdiensten verdeckt mit mindestens 300 Millionen Dollar unterstützt.

In unserem Newsblog informieren wir Sie jederzeit über die aktuellen Entwicklungen.

Knapp ein Jahr nach dem Abgang der (qua Amt?) in der Koalition nicht durchweg beliebten Datenschutzbeauftragten Maja Smoltczyk haben sich SPD, Grüne und Linke auf eine Nachfolgerin geeinigt: Die Juristin Meike Kamp soll den Posten übernehmen. Sie kennt die Berliner Datenschutzbehörde bereits von innen.

Die Kuh am Molkenmarkt ist noch nicht vom Eis: Nach neunstündiger Sitzung hat das Preisgericht keines der beiden städtebaulichen Konzepte für die historische Mitte Berlins zum Sieger ernannt. Nach Informationen meiner Kollegin Teresa Roelcke waren die Mehrheit der Jurymitglieder einerseits und Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt andererseits nicht in der Lage, sich zu einigen (T+).

Falls Sie gern wüssten, was beim Chefgespräch zur Lehrerverbeamtung ab 52 und Nachteilsausgleich für jene, die nicht verbeamtet werden können, herausgekommen ist: Es wurde vertagt. Und falls Sie quereingestiegen sind in den Schuldienst und das Gefühl haben, die Bildungsverwaltung verkauft Sie wegen der (2023 wegfallenden) 1600 Euro Zulage für dumm: Sie sind nicht allein. Genaueres weiß wie so oft meine Kollegin Susanne Vieth-Entus (T+).

Mehr als 48.000 Berliner/innen ab 65 Jahren erhalten Grundsicherung, weil ihre Rente zum Leben nicht reicht. Das ist ein Anstieg um 20 Prozent binnen fünf Jahren – wobei allerdings auch die Zahl der Senior/innen insgesamt wuchs. Die meisten wohnen in Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte, mit Abstand die wenigsten in Treptow-Köpenick (Q: Sozialverwaltung auf Grünen-Anfrage).

Wenn Sie schon immer mal Ihr Fahrrad auf einer „Verkehrsfläche des ruhenden Verkehrs“ abstellen wollten: Das können Sie auch in Parkzonen demnächst gratis. Steht jedenfalls in der neuen Parkgebühren-Ordnung. Wer ganz klassisch sein Auto dort deponiert, zahlt ab 2023 pro Stunde einen Euro mehr als bisher. Aber erst, wenn die Automaten umprogrammiert worden sind, wofür die Verwaltung ein halbes Jahr einplant. Für Carsharing-Autos mit Verbrennungsmotoren sollen weiter die aktuellen Tarife gelten, die sich für geteilte E-Autos nochmals halbieren.

Passend zum Thema noch die Auswertung unserer gestrigen Befragung, ob E-Autos wie in anderen Städten von den Parkgebühren befreit werden sollen: Von mehr als 2500 bis zum späten Abend abgegebenen Stimmen waren fast drei Viertel dagegen.

Drei Menschen wurden am Doppelknoten Greifswalder Straße / Am Friedrichshain / Friedenstraße im vergangenen Jahr totgefahren. Jetzt sind die nach Protesten veranlassten „Sofortmaßnahmen“ in Arbeit – u.a. in Gestalt eines Radfahrstreifens, dessen Markierung wie üblich von Autofahrern missachtet wurde. Nachdem das Fahrrad-Netzerk Xhain den fehlenden baulichen Schutz moniert und der CP am Montag bei der Verkehrsverwaltung nachgefragt hatte, wurden noch am selben Abend Baken aufgestellt. Amt, aber oho!

Kennen Sie den schon? Kriecht eine Schnecke übers Balkongeländer; der Bewohner schnippt sie weg. Drei Wochen später klingelt es an der Tür. Es ist die Schnecke, die wütend fragt: „Ey Alter, was war’n das gerade?!“ Äh, wie kamen wir jetzt darauf? Ah, wegen einer Mail von CP-Leserin Sabine H., die leider ein Konzert verpasst hat, weil der Brief mit dem Ticket fünf Tage nach dem Einwurf in Schöneberg noch nicht in Kreuzberg angekommen war. Ein anderer Brief habe für die Strecke von Schöneberg nach Friedenau neun Tage gebraucht. Höchste Zeit für die Weihnachtspost!

Nachdem bei Bauarbeiten eine Datenleitung gekappt wurde, ist das Straßen- und Grünflächenamt Marzahn-Hellersdorf weder telefonisch noch per Mail erreichbar. Wahrscheinlich eine spezielle Art von Amt, aber glücklich.

Zitat

Kürzen kann man nur Geld, das da ist.

Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) äußerte bei der Präsentation der Investitionsplanung zu Kritik, dass etliche Vorhaben gestrichen worden seien – allerdings auch solche, für die im Landeshaushalt bisher gar kein Budget bereitstand. Eines davon ist der Neubau der Zentral- und Landesbibliothek.

 

Tweet des Tages

Für euch getestet: Wenn man sich zweieinhalb Jahre zu spät ummeldet, gibt es nicht zwangsläufig ein Ordnungsgeld von ‚bis zu 1000 Euro‘, sondern ggf. nur ein Lächeln und ein beherztes ‚Na denn is ja jut‘ einer Berliner Bezirksamtsmitarbeiterin.

@konstantkarma

Stadtleben

Essen & Trinken – Zwischen Kunst und Antiquitäten bestellt die Kundschaft im Café „Kaffee 26“ belegte Bagels, Laugenecken oder Müsli am Tresen. Auch die altertümlichen Kunstwerke stehen zum Verkauf. Wer sich der Wohnzimmeratmosphäre vollkommen hingeben möchte, bestellt herzhaftes, mediterranes oder französisches Frühstück zwei Tage im Voraus und isst lokal. Alle Kaffee- und Espressosorten kommen aus der hauseigenen Rösterei und sind auch für die eigene Bohnenkammer zu Hause prädestiniert. Mo-Fr 10-18.30, Sa 10-18 Uhr, Jüdenstraße 26, Spandau, U-Bhf Altstadt Spandau

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – „Dem umtriebigen und löffelschwingenden Pensionisten Michael Angrick herzliche Glückwünsche von Klaus.“ / Uli Becker, Pseudonym: Erwin Kliffert (69), Schriftsteller / Manfred Butzmann (80), Grafiker / „Liebe Christine! Man muss die Feste nicht erst feiern, wenn sie fallen. Auf in die Nullrunde, herzlichst E.G.“ / Martina Gedeck (61), Schauspielerin / „Liebe Ilse, zum 89. Geburtstag alles Gute. Ich danke Dir für fast 63 Ehejahre, in denen Du mich liebevoll betreut hast. Dein Klaus“ / „Karen Margolis, Autorin und Übersetzerin“ / Christian Petzold (62), Filmregisseur und Autor / Sebastian Pflugbeil (75), Physiker und Bürgerrechtler / Renzo Piano (85), italienischer Architekt, Industriedesigner und Senator auf Lebenszeit / Sven Rissmann (44), für die CDU im AGH / Andreas Schmidt (49), ehem. Fußballspieler / Oliver Schmidt (49), ehem. Fußballspieler

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Edda Menna Ewers, * 30. Juni 1943 / Holger Niepmann, * 13. Februar 1959, langjähriger Vorsitzender des Ruder-Clubs Tegel 1886 e.V. / Christian Wehle, * 27. Mai 1960

Stolperstein – Elfriede Schaumann (geb. Topp, 1915) zog vor Ende des Ersten Weltkrieges von Malchin/Mecklenburg-Vorpommern nach Berlin-Neukölln. In einer Phase der Arbeitslosigkeit trat sie dem Arbeitersportverein (ASV) „Fichte-Berlin“ bei, der ihr 1934 eine Klage wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ von der Nazi-Justiz einbrachte. In den Folgejahren nahm sie an Abendkursen zur Stenotypistin teil. Aufgrund dieser Ausbildung half sie 1941 nach dem Angriff auf die Sowjetunion Streuzettel mit antifaschistischen, gegen den Krieg gerichteten Parolen anzufertigen. Am 10. September 1942 wurde sie an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und verhört. Vier Tage später – heute vor 80 Jahren – wählte sie die Flucht in den Tod. Seit August 2021 erinnert ein Stolperstein in der Talberger Straße 10i an Elfriede Schaumann.

Encore

Berliner Hausnummern (XXI): Rund 457.000 Liter Bier werden in der Hauptstadt jeden Tag getrunken, das sind pro Jahr durchschnittlich 45 Liter pro Person. Peanuts, wenn man nach Chemnitz schaut: Hier sind es 132 Liter. Am liebsten trinken die Berliner übrigens Pils (Q: Nielsen Marktforschung).

Das heutige Stadtleben dies- und jenseits der Tresen und Theken hat Sophie Rosenfeld aufgeschäumt, die Frühproduktion Kathrin Maurer verzapft. Morgen schenkt Ihnen hier Christian Latz ordentlich ein. Ich verabschiede mich mit einem Prosit auf den Tag,

Ihr Stefan Jacobs

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