Strategiepapier des Senats: Ölembargo Russlands würde Berlin besonders hart treffen

Ein bisschen die Heizung runterdrehen und rasch einen Strickpullover drüberziehen für den Frieden? So einfach dürfte das bei einem Öl- oder Gaslieferungsstopp aus Russland nicht werden – vor allem nicht hier in Berlin. Das zeigt ein gemeinsames Papier von Wirtschaftssenator Stephan Schwarz und Umweltsenatorin Bettina Jarasch, das meinem Kollegen Christian Latz exklusiv vorliegt. Berlin wäre demnach bei einem Stopp der Rohöllieferungen im bundesweiten Vergleich besonders hart getroffen. 95 Prozent des in der Hauptstadt genutzten Diesels, Benzins, Heizöls und Kerosins stammen aus einer Raffinerie im brandenburgischen Schwedt. Diese bezieht ihr Rohöl bislang ausschließlich über Pipelines aus Russland. Übersetzt: Berlins Ölbedarf wird zu 95 Prozent aus Russland gedeckt.

Rein rechnerisch reichen die Rohölreserven in Deutschland selbst bei einem Lieferstopp zwar für 200 Tage, heißt es in dem Papier, die Anlage in Schwedt sei jedoch besonders auf die Eigenschaften des russischen Öls eingestellt. Für einen Ersatz müsste das Gut von anderswo in „geeigneten Qualitäten“ geliefert werden. So wäre es nötig, Lieferungen über die Häfen in Rostock und gegebenenfalls Danzig sowie aus dem Westen per Lkw und Zug zu organisieren. Das würde eine Zeit dauern – allerdings arbeite die Bundesregierung „aktuell mit Hochdruck daran, diese Voraussetzungen zu schaffen“.

In vielen Punkten bleibt die Senatsanalyse jedoch allgemein, denn: „Eine genaue Aufschlüsselung der Lieferquellen für in Berlin verbrauchte Energieträger existiert nicht, da eine landesspezifische Erhebung angesichts der überregional organisierten Märkte nicht möglich ist.“ Heute will sich der Senat trotz der fehlenden Daten mit dem Thema befassen. Die EU-Außenminister haben der Berliner Landesregierung am Montagabend noch etwas Zeit verschafft: Es sei nur eine „allgemeine Diskussion“ über ein Energie-Embargo geführt worden, teilte der Außenbeauftragte Josep Borrell mit. Das scheint ohnehin ein Zeichen dieser Zeit: Je länger der Krieg andauert, desto allgemeiner werden die Debatten darüber.