Baustadtrat Florian Schmidt ignoriert für Autonome die Brandschutzregeln

Offene Stromleitungen, kein Zugang für Rettungskräfte: Grünen-Baustadtrat Schmidt lässt offenbar nicht zu, dass sich das in der Rigaer 94 ändert. Von Anke Myrrhe

Baustadtrat Florian Schmidt ignoriert für Autonome die Brandschutzregeln
Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Mit schweren Türen, zurückgebauten Treppenstufen und anderen baulichen Maßnahmen haben die Bewohner der Rigaer Straße 94 ihr Haus offenbar derart verändert, dass der Zutritt für Rettungskräfte unmöglich und der Brandschutz nicht gewährleistet ist. Und der zuständige Stadtrat Florian Schmidt (Grüne) hat diese baulichen Veränderungen offenbar über Jahre bewusst nicht beseitigt. Eine „politische Entscheidung“ des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg sei das gewesen, heißt es in einem Vermerk, aus dem das ARD-Magazin „Kontraste“ zitiert (21.15 Uhr, rbb). Meinem Kollegen Alexander Fröhlich liegen ebenfalls Dokumente vor, die belegen, dass der damalige Chef der Polizeidirektion 5, Michael Krömer, bereits am 6. Februar 2016 an Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) schrieb: Bei einer Begehung am 13. Januar 2016 habe die Polizei festgestellt, dass in dem teilbesetzten Haus Rigaer Straße 94 „offenkundig die Brandschutzvorschriften verletzt werden“. Der Zutritt für Rettungskräfte erscheine ausgeschlossen, Treppen im Seitenflügel verfügten über keine Absturzsicherung, teilweise seien mehrere Treppenstufen zurückgebaut, Wände durchbrochen worden, Stromleitungen lägen offen. Der Bezirk möge die „erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahrenlage“ veranlassen.

Passiert ist seither nichts. Die Dokumente deuten darauf hin, dass Baustadtrat Schmidt seine Mitarbeiter angewiesen hat, nichts gegen die Missstände zu unternehmen. Am 12. Juli 2017 notiert ein Beamter des Bezirksamts: „Untätig zu bleiben ist für die Bauaufsicht nicht verantwortbar, wenn brandschutztechnische Mängel bekannt sind.“ Antwort aus dem Bezirksamt nach Rücksprache mit Herrmann: „Die Politik übernimmt die Verantwortung.“ In den Unterlagen, die rbb und Tagesspiegel vorliegen, findet sich auch ein Vermerk vom 17. Dezember 2018 über eine Anweisung an die Bauaufsicht, der von Schmidt unterzeichnet wurde. Die Mitarbeiter sollen „bis auf Weiteres nicht von Amts wegen gegen bauliche Missstände“ vorgehen. Am 18. November 2019 wies Schmidt das Bauamt erneut an, „bauordnungsrechtliche Maßnahmen bis auf Weiteres zu unterlassen“. Schmidt begründete das unter anderem damit, dass aus der Mieterschaft „keine Mängelanzeigen“ vorlägen.

Im Mai 2020 telefonierte und mailte Schmidt mit dem Anwalt der Hausbesetzer. Der Anwalt schickte ihm Fotos, die belegen sollten, dass eine Falltür zurückgebaut worden sei. Eine Anfrage beantwortete Schmidt nach Angaben des rbb nicht. Möglicherweise brechen da jetzt noch ein paar Stufen ab: auf Schmidts Karriereleiter.