Festival „Fusion“ ringt um Haltung zum Nahost-Krieg
Mit Musik die Welt vergessen möchten ab Mittwoch auch Zehntausende beim Festival „Fusion“ auf dem ehemaligen Militärflugplatz im mecklenburgischen Lärz. Gerade feierwütige Berlinerinnen und Berliner reisen trotz langer Staus an, um dem Versprechen der Veranstaltenden zu folgen: „Im kollektiven Ausnahmezustand entfaltet sich an einem Ort ohne Zeit ein Karneval der Sinne, in dem sich die Sehnsucht nach einer besseren Welt spiegelt.“ Diese vermeintlich bessere, hier insbesondere von linken Gruppen getragene Welt wird jedoch erschüttert von heftigen internen Debatten um den Krieg im Nahen Osten nach dem Hamas-Überfall auf Israel.
Ein anfängliches Statement des Veranstalterkollektivs gegen Antisemitismus wurde nach heftigen Protesten umformuliert, bis das Existenzrecht Israels als rote Linie wieder herausfiel (Hintergründe hier). Nun prangen schon erste „Free Palestine“-Parolen am Gelände (via @Sinem.) Können sich jüdische Partygäste hier auch sicher fühlen? Auf Checkpoint-Anfrage reagieren die Veranstalter von „Kulturkosmos“ ausweichend und verweisen auf eine neue Stellungnahme in dieser Sache, in der es heißt: „Wir haben nicht das Existenzrecht Israels infrage gestellt, sondern Respekt für eine weitere Perspektive gefordert.“
Auf der Fusion soll es nun Veranstaltungen zum Nahost-Krieg geben; die Meinungen sollen dabei laut der Veranstaltenden divers sein und müssten ausgehalten werden. Dazu gehörten die höchst umstrittenen Begriffe „Völkermord“ und „Genozid“ mit Blick auf den Einsatz der israelischen Armee in den Palästinensergebieten. Das Festival-Kollektiv schreibt dazu: „Klar ist: Niemand kann in diesem Kontext die eigene Position zum Maß dessen machen, was auf der Fusion gesagt werden darf und was nicht.“ Die Security sei „der Neutralität verpflichtet“ und die Awareness-Teams seien „erweitert mit Menschen, die zum Thema Israel und Palästina einen entsprechenden Background haben“.
Könnte der Fusion also etwas gelingen, das die Gesellschaft kaum noch schafft – offene und respektvolle Debattenräume in Sachen Nahost? Die Antwort darauf ist auf jeden Fall relevant nicht nur für die links geprägte Musikszene. Eines allerdings darf nie unvergessen bleiben: Das Massaker der Hamas mit zahlreichen ermordeten sowie verschleppten und vergewaltigten Menschen am 7. Oktober 2023 galt auch dem Supernova-Musikfestival, das die gleichen Träume vor sich hertrug wie die Fusion. Es wurde im israelischen Kibbuz Reʿim überfallen.