Wo Ost- und West-Berlin weiterleben
Herbstlich willkommen in der Realität! Seit dem Revolutionsherbst 1989 hat sich Berlin neu erfunden, als Hauptstadt mit Kiezhausenanschluss und Kleinflughafen, genauso als Weltstadt und Allerweltsliebling Kreuzberg. Und doch sind manche Ecken geblieben, als sei die deutsch-deutsche Einheit eine Keinheit, als seien die Zeiten ohne die Zeitenwende stehen geblieben, auch wenn die Menschen weitergegangen sind (manche mussten dafür wieder aufstehen) und heute fast achtlos, aber nicht ohne Achtung an den Orten ihrer eigenen Verortungen vorbeilaufen. Wo also ist Ost-Berlin noch Ost-Berlin geblieben?
Vielleicht ja am Strausberger Platz, wo der metallummantelte Brunnen noch immer die einstige Prachtstraße des Sozialismus besprudelt (Foto hier) – und wo man sich im einstigen „Haus des Kindes“ zwar nicht mehr Kinderfilme für ein paar Pfennige ansehen kann, dafür aber Design-Kindermöbel für ein paar zu viele Euros kaufen darf? Und West-Berlin – lebt es womöglich noch in Wilmersdorf, wo man den früheren Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen bei der Fleischerei Bachhuber trifft und wo die sensiblen Fahrstühle der opulenten Wohnhäuser erst zwei Sekunden im vierten Stockwerk stehen geblieben sein müssen, ehe man sie von innen öffnen kann?
Verraten Sie uns die Orte, an denen die neue Zeit scheinbar spurlos vorbeigezogen ist – und mailen Sie uns Ihre Tipps für Ost- und West-Berlin an berlin@tagesspiegel.de. Wir suchen sie dann auf, um nach 30 Jahren frische Spuren zu suchen. Denn Geschichte vergeht nicht, so lange sie aus Geschichten gemacht wird.