Das geschah am 9. Mai 1945: Berlin feiert 80-jähriges Jubiläum der Befreiung vom Nationalsozialismus
Vor 80 Jahren wurde die Kapitulationsurkunde unterschrieben, Berlin und die Welt sind frei vom Nationalsozialismus. Der Checkpoint blickt zurück auf die Tage vor der Befreiung. Von Robert Ide.

über dem Tiergarten hängen Rauchschwaden, die Straßen sind übersät von Kratern und Geröll der zerbombten Häuser, überall liegen Leichen von Menschen und Pferden, der spitze Turm der Gedächtniskirche ist eine kaputte Rundung, aus den ausgelöcherten U-Bahn-Schächten dringt kein Laut, nur der Gestank von Verwesung.
Die Menschen, die noch leben, harren in den Kellern aus, in denen es längst keine Kohlen und kaum noch Wasser gibt – aus Angst vor sowjetischen Soldaten, die siegestrunken durch die Häuser ziehen, die letzten Lebensmittel plündern und Frauen vergewaltigen; aus Angst vor dem späten Tod in der Stunde Null; aus Angst vor der eigenen Vergangenheit, in der ihr Land diesen Krieg begonnen hat, der 60 Millionen Menschen ihr Leben kostete, davon sechs Millionen in den Konzentrations- und Vernichtungslagern Internierten. Dieser mörderische Krieg geht nun zu Ende.
Im von den Sowjets besetzten Offizierscasino in Karlshorst landen die letzten Truppenteile der durch Europa marodierten Wehrmacht, um sich stellvertretend für Deutschland zu ergeben. Die Fahnen der Sowjets, der Amerikaner und Engländer sind aufgestellt; die Flagge der Franzosen hat man vergessen, also wird sie eilig nachgenäht aus einer roten Tischdecke, einem Bettlaken und einem zerschnittenen Blaumann. Um 0.16 Uhr ist die Kapitulationsurkunde unterschrieben an diesem 9. Mai 1945, heute genau vor 80 Jahren. Die Welt ist endlich befreit vom Nationalsozialismus. Und Berlin fängt – zunächst zusammen, später getrennt – von vorne an.