Kleingeist meets Großstadt: Ordnungsamt verbietet Ku'damm Kiosk sonntäglichen Zeitungsverkauf

Lediglich Waren zum „touristischen Bedarf“ soll der kleine Familienbetrieb sonntags verkaufen dürfen. Sonnenbrillen und Zeitungen explizit ausgeschlossen. Von Lorenz Maroldt.

 Kleingeist meets Großstadt: Ordnungsamt verbietet Ku'damm Kiosk sonntäglichen Zeitungsverkauf
Foto: Imago/Jürgen Ritter

Was in Berlin verlässlich funktioniert, ist die Gängelung von Familienbetrieben, die auch an Sonntagen ein wenig weltstädtische Offenheit wagen (CP vom 22.5.). Der kleine Zeitungskiosk am Kurfürstendamm Ecke Uhlandstraße, stets betrieben hart am Rand der Profitabilität von einem älteren alevitischen Herren (Sie kennen ihn vielleicht, wenn Sie dort schon mal vorbeigeschlendert sind), hat Post vom Ordnungsamt bekommen.

In einem mehrseitigen Schreiben wird der Betreiberfamilie vorgeworfen, dass sie ihren Kiosk „am Sonntag, den 08.05.2022 um 9:20 Uhr (…) zumindest fahrlässig geöffnet gehalten und ihr aus Zeitungen, Tabakwaren, Souvenirs, Berlin-Postkarten Süßwaren und Erfrischungsgetränken bestehendes Warensortiment zum Verkauf angeboten“ habe. Verkauft werden dürfe aber nur, was „den Bedarf von Touristen“ nach §4 Abs.1 Nr.1 BerlLadÖffG erfüllt, und den kennt das Ordnungsamt Charlottenburg-Wilmersdorf ganz genau: „Mindestens die durch Sie auch angebotenen Zeitungen und Zeitschriften sowie die Sonnenbrillen gehören nicht zum Warensortiment des §4 Abs.1 Nr.1 BerlLadÖffG.“ Denn mit Zeitungen und Sonnenbrillen, das wissen wir in Berlin seit dem Kalten Krieg, verkleiden sich nicht Touristen, sondern Spione.