Bornholmer Straße: Berlins Brücke der Freude und des Todes
Berlins Vereinigung in Freudentränen in der glücklichsten Nacht dieser Stadt erlebte ich auf der Bösebrücke an der Bornholmer Straße. Mit 14 lief ich mit meinen Eltern und meiner Schwester an der Hand in die Freiheit auf der anderen Seite der Gleisanlagen – auch wenn sich uns der goldene Westen zunächst nur mit abblätternden Altbauten im Arbeiterkiez am Gesundbrunnen präsentierte. Dass an dieser Brücke zwischen den Welten in den Jahrzehnten zuvor vier junge Menschen für den Traum eines freien Lebens getötet worden waren und dass auch mancher Fluchtversuch auf spektakuläre Weise gelang, das habe ich erst vor kurzem herausgefunden. Wie die Geschichte von Hans-Dieter Wesa: Der 19-jährige Transportpolizist hat bei seiner Flucht im August 1962 schon die westliche Seite erreicht, als ihn ein Schuss seines Wachkollegen, mit dem er immer Streife gelaufen war, tödlich in den Rücken trifft.
Oder die Geschichte eines 26-jährigen Hausmeisters und eines 24-jährigen Hilfsmaurers aus Prenzlauer Berg: Im September 1986 überwinden sie mit Leitern aus den Bornholmer Gärten den Steinwall zum Grenzübergang. Ein Signalzaun ist defekt, der Wachturm kurzzeitig nicht besetzt. Unerkannt gelangen sie in die weiträumige Grenzstelle Bornholmer Straße und laufen über die Brücke in den Westen – auf dem für Diplomaten reservierten Durchgang werden sie vor der letzten Grenzlinie nicht mehr kontrolliert. Es sind Geschichten wie diese (nachzulesen hier), die zeigen wie viel Geschichte in unserer Stadt steckt. Und dass wir diese niemals vor uns selbst verstecken dürfen.