Leserporst mit harschem Vorwurf
So, Zeit für einen Blick in die Leserpost … hier, das ist ja interessant:
„Sehr geehrter Herr Maroldt, ich werfe Ihnen vor, in diktatorischer Weise Ihre Machtstellung in Sachen Medien zu missbrauchen. Ja, Sie sind dabei, eine Gendersprachdiktatur zu errichten. Sich in dieser penetranten Art über den Mehrheitswillen der Bevölkerung hinwegzusetzen, kann man leider nicht anders nennen. Sie sind ein Diktator. Mit freundlichem Gruß, Dr. Axel-Peter Moers.“
Hm, was hatte Herrn Moers bloß so erregt? Es war, ganz konkret, wie er schreibt, der Satzteil „Jüdinnen und Juden“, verfasst vor dem Hintergrund des Terroranschlags auf Mädchen und Jungen, auf Frauen und Männer in Israel.
So so, ein Diktator – ich fühle mich des Anlasses wegen geehrt und in eine Reihe mit weiteren berühmten Berliner Gendersprachdiktatoren gestellt:
Zum Beispiel Ernst Reuter – der Oberbürgermeister sprach am 9.9.1948 in seiner berühmten Rede „Völker der Welt, schaut auf diese Stadt“ die „Berlinerinnen und Berliner“ an: „Und sie werden auf unseren kümmerlichen, elenden, zertrümmerten, alten, ruinierten Bahnhöfen wieder die zweiten Gleise aufmontieren, die das Symbol unserer wiedergewonnenen Freiheit sein werden, die wir uns, Berlinerinnen und Berliner, in den Kämpfen, die hinter uns liegen, und in den Nöten, die vor uns liegen, erkämpfen müssen und erkämpfen werden.“
Oder auch Willy Brandt – als der spätere Bundeskanzler noch Regierender Bürgermeister war, wandte er sich am 23.11.1963 an „Meine Mitbürgerinnen und Mitbürger“. Anlass war seine Ansprache zum Gedenken an den ermordeten John F. Kennedy: „Ich habe die Berlinerinnen und Berliner gebeten, heute Abend zwischen 19 und 20 Uhr die Kerzen in die Fenster zu stellen als Zeichen des Gedenkens an diesen idealistischen, der Zukunft zugewandten großen Präsidenten der Vereinigten Staaten.“
Es gibt eben Wichtigkeiten und Nichtigkeiten, manche Menschen können sie sogar unterscheiden. Der Brief von Dr. Moers, hier leicht gekürzt und korrigiert wiedergegeben, enthielt im Original übrigens auf zwölf Zeilen dreizehn orthografische und grammatikalische Fehler. Das schafft nicht mal der Checkpoint.