Zwei Jahre nach Scheitern beim Bundesverfassungsgericht: Reform des Berliner Neutralitätsgesetz lässt auf sich warten
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2023 hat Berlin das Neutralitätsgesetz heute noch immer nicht angepasst – obwohl alle Seiten den Schwebezustand kritisieren. Von Daniel Böldt.

Um das Berliner Neutralitätsgesetz, das unter anderem Polizeikräften und Lehrerinnen und Lehrern das Tragen von „sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbolen“ untersagt, ist es ruhig geworden. Dabei kann mit der aktuellen Rechtslage eigentlich niemand zufrieden sein.
Zur Erinnerung: Bereits 2020 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) einer Muslimin eine Entschädigung zugesprochen, weil sie aufgrund ihres Kopftuchs nicht als Lehrerin eingestellt wurde. Nachdem der Senat Anfang 2023 mit einer Beschwerde gegen das Urteil beim Bundesverfassungsgericht gescheitert ist, verschickt die Bildungsverwaltung eilig ein Rundschreiben: Ein pauschales Kopftuchverbot darf es nicht geben. Nur bei Hinweisen darauf, dass der Schulfrieden konkret gefährdet sei, können sich die Schulen auf das Neutralitätsgesetz berufen.
Dass dieser halb-legale Zustand nicht wirklich haltbar ist, sahen auch CDU und SPD ein. Im 2023 besiegelten Koalitionsvertrag heißt es: „Das Neutralitätsgesetz passen wir gerichtsfest an die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts an.“ Passiert ist seitdem: nichts.
Im Senat würden noch „Arbeits- und Abstimmungsprozesse“ laufen, heißt es kurz angebunden aus der SPD-geführten Innenverwaltung. CDU-Innenpolitiker Burkhard Dregger sagte dem Checkpoint gar: „Ich persönlich bin der Auffassung, man sollte das Gesetz nicht anfassen. Es wird rechtmäßig angewandt.“ Die Grünen-Fraktion fordert in einem Antrag von Tuba Bozkurt wiederum, das Neutralitätsgesetz komplett abzuschaffen. Begründung: Es vertrage sich nicht mit einer „liberalen und vielfältigen Gesellschaft“. Und was meinen Sie?