Encore
Gerade ist Miles Davis' neues Album erschienen. „Rubberband“ ist ein interessantes Kuriosum, weil es einen besonderen Augenblick in der Laufbahn des Trompeters markiert: 28 Jahre postmortem. Und in diesem Alter noch ein neues Album rauszuhauen, das soll ihm erst mal jemand nachmachen! Mal sehen, John Coltrane hat es letztes Jahr auch getan: „Both Directions at Once“, und das knappe 51 Jahre nach seinem Ableben. Prince, erst 2016 gestorben, produziert seit dem Ableben jedes Jahr mehr Alben als noch zu Lebzeiten. Bereits sechs posthume sind es, von denen „Piano & A Microphone“ das außergewöhnlichste ist: Er selber, ein Klavier, ein Mikrofon und ein Tontechniker, dem der Künstler (formally known as Prince) zwischendrin was zuruft. Ganz klar niemals zur Veröffentlichung vorgesehen und gerade dadurch ergreifend intim wie ein Blick hinter Make-up, Bühnenlicht und die tausendfach erprobte Bühnenpersona. Klar, die Verbindung „Showbiz und Unsterblichkeit“ ist nicht erst jetzt erfunden worden, von so etwas profanem wie dem Tod ließen sich Star-Karrieren noch nie aufhalten. Und das Interesse an Archivmaterial ist berechtigt – diese archäologische Note, wenn man die Musik als Entdeckung hört, eröffnet andere Zugänge. Man hört Musik, die man sonst nicht hören würde. Und das ist nicht nur für die Rechtehalter bereichernd. „Rubberband“ klingt allerdings überhaupt nicht nach Archivmaterial: weitgehend durchdacht statt unfertig, auf Hochglanz produziert statt intim. Und dadurch irgendwie zeitgenössisch. Als wär's von Anfang an für heute geplant gewesen.